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§ 219a StGB: Das Recht auf Information und seine kommunikative Verteidigung

25. November 2017 von Eva Engelken 3 Kommentare

Protestfoto gegen das Urteil wg. § 219a StGBFrauen, die ihr Recht auf reproduktive Selbstbestimmung und Information für selbstverständlich halten, sollten protestieren, denn das Gießener Urteil zum § 219a StGB zeigt, dass es bedroht ist. Aber Vorsicht, denn mit bestimmten Frames spielt man den Abtreibungsgegnern in die Hände.

Warum ist das reproduktive Selbstbestimmungsrecht der Frauen in Gefahr?

Weil am 24. November eine Vorschrift im Strafgesetzbuch, die lange Jahre ein Schattendasein fristete, wieder einmal erfolgreich instrumentalisiert wurde, um das Frauenrecht, sich über eine erlaubte Abtreibung zu informieren, und das entsprechende ärztliche Berufsausübungsrecht einzuschränken. Aufgrund von § 219a StGB, der „Werbung“ für den „Schwangerschaftsabbruch“ unter Strafe stellt, ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel am 24.11. zu 40 Tagessätzen à 150 Euro verurteilt worden. Weil sie auf ihrer Uralthomepage   darüber informiert, dass sie die erlaubte ärztliche Leistung „Schwangerschaftsabbruch“ anbietet, ging das Gericht von strafbarer Werbung aus. Dabei gibt es bei Kristina Hänel definitiv nichts, was Marketingfachleute als „Werbung“ ansehen würden: keine Hochglanzbroschüren oder eine moderne Website, die in zielgruppengenau formulierten Messages den Kundennutzen einer entsprechenden Dienstleistung kommuniziert würden. Alles, was die wirklich modernisierungsbedürftige Homepage aufweist, ist ein Link namens „Schwangerschaftsabbruch“, der zu einem Kontaktformular führt, über das man weitere Informationen anfordern kann.

Proteste gegen den § 219a StGB als „vorgestriger Paragraf“

Verständlicherweise und glücklicherweise wollen die Ärztin und ihre Verteidigerin Prof. Dr. Monika Frommel das Urteil nicht hinnehmen und das Recht auf Informationsfreiheit bis zum Bundesverfassungsgericht durchfechten. Es würde sie in ihrer Berufsausübung einschränken, wenn sie auf ihre ärztliche Dienstleistung nicht hinweisen dürfte, sagt die Ärztin und weist darauf hin, dass Frauen, die in der schwierigen Lage sind, sich gegen eine Schwangerschaft entscheiden zu müssen, zuverlässige Informationen brauchen, wo sie einen Abbruch sicher und schonend durchführen lassen können. Schon im Vorfeld der Verhandlung hat Kristina Hänel über die Organisation Change.org. eine Petition gestartet – Stand Freitag 24.11. 121.000 Unterschriften -, mit der sie die Abschaffung des § 219a StGB fordert. Zahlreiche Kommentator*innen in den sozialen und traditionellen Medien fordern nun, den § 218 StGB gleich mitabzuschaffen. Nicht wenige von ihnen sehen das reproduktive Recht der Frauen in Gefahr, also das Recht von Frauen und ihren Familien, selber über Fortpflanzung, Verhütung  und eben auch Abtreibungen selber entscheiden zu dürfen bzw. sich entsprechend zu informieren. Die Kommentare der Gegner*innen zeigen, dass es nötig ist, die Debatte um die Abschaffung der §§ 218 ff. und die damit verbundenen Bevormundungen von Frauen endlich wieder zu führen.

Mit welchen rhetorischen Waffen kämpfen die Agitatoren gegen die Ärztin?

Warum erstattet im Jahre 2017 ein dubioser Verein Anzeige gegen eine Allgemeinärztin und schafft es, eine Richterin dazu zu bringen, diese Ärztin aufgrund eines Paragrafen zu verurteilen, der aus der Nazizeit stammt? Weil der Paragraf einschlägig ist? Warum ist er noch nicht abgeschafft? Warum wagen sich unverhohlen frauenhassende Wesen aus der Deckung und beschimpfen abtreibende Frauen und ihre Ärzt*innen? Welche Narrative spielen dabei eine Rolle beziehungsweise welche rhetorischen Mittel setzen die Anti-Abtreibungs-Agitatoren offenbar so erfolgreich ein, dass mittlerweile schon junge Frauen verunsichert sind, ob sie im Falle des Falles überhaupt abtreiben dürften?

Frames bestimmen die Gedanken, nicht die Fakten

Rhetorische Mittel dienen immer dazu, das Bewusstsein zu verändern. Der Schlüsselbegriff heißt Framing. Hier lohnt ein Blick in das Buch von Elisabeth Wehling „Politisches Framing“ , in dem sie die Wirkung von Frames erläutert:

„Jedes Wort, das wir hören, aktiviert in unserem Kopf bestimmte Frames, bei jedem Wort, das wir lesen oder hören, wird eine Reihe von Konzepten aufgrund unserer Welterfahrung mit mobilisiert.“

Eine befruchtete Eizelle garantiert noch keinen dicken Bauch, auch wenn Begriffe dies nahelegen

Bei dem Wort „Schwangerschaftsabbruch“ schwingt Wehling zufolge mit, dass eine Schwangerschaft vorhanden ist. Das Wort Schwangerschaft seinerseits impliziert, dass die Frau ein Kind im Bauch hat. Der Frame von der Schwangerschaft blendet völlig aus, dass eine erlaubte Abtreibung zu einem Zeitpunkt stattfindet, wo definitiv noch kein ausgewachsenes Baby im Bauch ist, sondern dass ein Zellverbund oder Embryo ausgeschabt wird, der außerhalb des Uterus nicht lebensfähig ist. Stattdessen hebt das Wort gedanklich das ungeborene Kind hervor. Bei der Erwähnung eines Abbruchs der Schwangerschaft ist der Gedanke daher nicht weit, dass man einem Kind die zwangsläufig bevorstehende Geburt verweigert. Das wiederum aktiviert den Gedanken an eine Kindstötung oder gar einen Mord. Ausgeblendet ist auch, dass die erlaubte Abtreibung in einem Zeitrahmen stattfindet, in dem die Frau noch gar nicht sicher sein kann, dass die befruchtete Eizelle überhaupt in ihrem Körper bleibt und nicht von sich aus abgeht. Das ist ja auch der Grund, warum viele Eltern erst einmal die ersten 12 Wochen abwarten, bevor sie eine Schwangerschaft bekannt geben: Weil sie noch gar nicht wissen können, ob es überhaupt zu einer dauerhaften Schwangerschaft kommt bzw. ob die Schwangerschaft Bestand hat.

Abtreibungsgegner beschwören Kindstötung oder Mord

Der Mechanismus der Frames ist den Abtreibungsgegnern sonnenklar, und genau mit den eben beschriebenen Frames arbeiten die Agitatoren aus Kirche, Wissenschaft und Politik. Bei der AfD etwa geben sich christliche Fundamentalisten mit neonazistisch verwurzelten Juristen die Klinke in die Hand. Sie wiederholen wieder und wieder, dass jede Abtreibung eine „Kindstötung“ sei, belegen das irreführenden Fotos und prägen ihren Leser*innen auf diese Weise ein, dass ein Abtreibungsverbot Tötungen verhindern und Leben schützen würde. Ihre Propagandamittel sind entsprechende Frames aktivierende Bezeichnungen wie „Marsch für das Leben“ oder „Lebensschützer“ oder wissenschaftliche Veröffentlichungen von Juristen, etwa von der „Juristenvereinigung Lebensrecht e.V.“.

Elisabeth Wehling: Frames aktiviert man auch, wenn man sie verneint

Um das Gedankengut dieser unangenehmen Zeitgenossen gerade nicht zu propagieren, empfiehlt Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling, erst gar nicht erst den fatalen Frame der Kindstötung zu aktivieren. Dies tut man, in dem man den Begriff Schwangerschaftsabbruch einfach nicht verwendet, sich also nicht auf die Frame-Semantik eines erwarteten Kindes einlässt. Übrigens sei es auch nicht hilfreich, diesen Frame zu verneinen, denn auch das aktiviert ihn. Eine Aufforderung wie „Denk nicht an einen rosa Elefanten“ bewirkt zuverlässig, dass die aufgeforderte Person sich einen rosa Dickhäuter ausmalt. Die Aussage „Schwangerschaftsabbruch ist keine Kindstötung“ aktiviert den Frame der Kindstötung.

Alternative Frames bilden: Ein Nichteingriff innerhalb von 12 Wochen nach Konzeption ist die Entscheidung zu einer Schwangerschaft

Möglich sei es beispielsweise, sich darauf zu verständigen, dass eine Schwangerschaft erst beginnt, wenn die Mutter sich mit Ablauf der gesetzlichen Frist von 12 für die Schwangerschaft entscheidet. Die Zeit ab Einnistung der befruchteten Eizelle und Ablauf der 12 Wochen wäre dann noch gar keine Schwangerschaft. Es hieße dann nicht:

Die Schwangerschaft wird abgebrochen. Sondern: „Ein Nicht-Eingriff innerhalb von 12 Wochen nach Konzeption ist die Entscheidung zu einer Schwangerschaft.“

Der zweite Frame fragt laut Wehling:

„Wollen wir eine Schwangerschaft beginnen?“

Frauen könnten dann sagen: „Ich habe mich dagegen entschieden, eine Schwangerschaft zu beginnen, weil…“

Jurist*innen sprechen wohlweislich von der Leibesfrucht und der Zweiheit in Einheit

Befindet sich Sprachwissenschaftlerin Wehling auf dünnem Eis, wenn sie statt von einem „Kind“ von einer Zellansammlung spricht?“ Ganz und gar nicht. Selbst Juristen und Juristinnen sind sich keinesfalls einig, ob ein Fötus bereits ein Mensch im rechtlichen Sinne sei, oder ab wann die befruchtete Eizelle zu einem Menschen wird. Die Verfassungsrichter selber sprechen von der „Frucht“ oder dem „Embryo“ und von der „zunehmenden Entwicklung des Fetus zum selbstständigen Leben“. Der lateinische Begriff Nasciturus, auf deutsch „der zu geboren werdende“ ist ebenfalls eine Bezeichnung, die im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft verwendet wird.

Warum berufen sich die fanatischen Abtreibungsgegner auf das Bundesverfassungsgericht?

Warum begründen die Abtreibungsfanatiker ihren angeblichen Feldzug zum Schutz des Lebens mit dem Bundesverfassungsgericht? Zwar spricht das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Nasciturus nicht von „Kindstötung“ – zum Glück. Aber es hat schon zweimal in der Geschichte der Bundesrepublik entschieden, dass der Nasciturus ein eigenständiges Rechtsgut sei, das auch gegen die Schwangere selber geschützt werden müsse.

Professorin Dr. Ulrike Lembke hat die fatalen Folgen dieser Rechtsprechung und warum § 219a StGB abgeschafft gehört, in der Legal Tribune Online erläutert: Das BVerfG hat „1975 die Figur der staatlichen Schutzpflicht entwickelt“. Sie bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger nicht nur gegen Freiheitsbeschränkungen durch den Staat geschützt werden müssen, sondern auch vor Rechtsverletzungen durch andere Private. Aus dem verfassungsrechtlichen Zweierverhältnis von Staat und Privatperson ist ein Dreieck aus Staat und mehreren Privatpersonen geworden, so Lembke.

Man bestraft ja auch nicht den Backofen, weil er den Teig nicht zu Brot bäckt

Es ist ähnlich verrückt, eine rechtliche Kriegsfront Leibesfrucht contra Schwangere aufzuziehen, als würde man einen Backofen wegen Mordes bestrafen, nur weil er einen Teig nicht zu einem Brot gebacken hat. Genau diese spezielle Verbindung zwischen potenziellem Opfer und potenzieller Straftäterin liegt auch bei einer Schwangerschaft vor. Das macht die § 218-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch so problematisch. So schreibt Lembke: „Ungünstig ist nur, dass die Figur des Dreiecks so gar nicht auf Staat, Schwangere und Fetus passt, weil letztere eine „Zweiheit in Einheit“ (so das BVerfG selbst) bilden und nicht zwei getrennte Enden einer geometrischen Figur.“

„In den beiden Entscheidungen hat das BVerfG 1975 (Urt. v. 25.02.1975, Az. 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 – Schwangerschaftsabbruch I) und 1993 (BVerfG, Urt. v. 28.05.1993, AZ. 2 BvF 2/90 und 4,5/92 – Schwangerschaftsabbruch II) diesen zentralen Aspekt verkannt und im Wesentlichen entschieden: Der Embryo/Fetus stellt ein selbständiges Rechtsgut dar. Er ist vom Staat auch mit den Mitteln des Strafrechts auch gegenüber der Schwangeren zu schützen. Und jede (auch ungewollt) schwangere Frau hat von Verfassungs wegen die Pflicht, einen Fetus auszutragen. Da dessen Lebensrecht stets Vorrang hat, ist der Schwangerschaftsabbruch immer rechtswidrig. Nur ausnahmsweise können Frauen straflos bleiben.“

Eine Abtreibung unter Strafe zu stellen, wird der Sache nicht gerecht. Das haben bei beiden Urteilen zum § 218 auch einige der Richter und Richterinnen so gesehen und eine abweichende Meinung in einem Sondervotum vertreten. Einer ihrer Vorschläge war, die verfassungsgerichtliche Schutzpflicht für den Fetus nicht durch Strafe zu erfüllen, sondern durch eine andere Lösung, z.B. mit einer Fristenlösung, die besagt, dass eine Abtreibung in den ersten drei Monaten nach Empfängnis überhaupt keine Straftat ist.

Lembke zum Sondervotum 1975:

Richterin Wiltraut Rupp-von Brünneck und Richter Helmut Simon wiesen 1975 auf die Singularität der Schwangerschaft hin, bei der Schwangere und Fetus eine „Zweiheit in Einheit“ bildeten. Der Schwangeren werde nicht nur abverlangt, eine Tötungshandlung zu unterlassen, sondern sie solle auch das Heranwachsen der Leibesfrucht in ihrem Körper dulden und später jahrelang mütterliche Verantwortung übernehmen. Dieser ganz besonderen Konstellation werde gerade die Fristenregelung gerecht, die einen abgestuften Schutz des Fetus mit dessen zunehmender Entwicklung zum selbstständigen Leben anerkenne.

Auch bei der Entscheidung 1993 plädierte das Sondervotum für eine Fristenregelung und begründete das mit der Rechtsposition der Schwangeren und der Situation einer Schwangerschaft: Lembke:

Die Richter Bertold Sommer und Ernst Gottfried Mahrenholz wiesen in ihrem Sondervotum 1993 darauf hin, dass es stets Frauen seien, welche die Konsequenzen zu tragen hätten, wenn Sexualität und Kinderwunsch wie so oft nicht übereinstimmten. Die Mehrheit verkenne hier die Rechtsposition der Schwangeren. Die Kollision der Würde des Embryos und der Würde der Schwangeren in der „Zweiheit in Einheit“ müsse verhältnismäßig aufgelöst werden. Deshalb habe in der Frühphase der Schwangerschaft die Frau das Letztentscheidungsrecht, wenn sie zuvor eine Beratung aufgesucht hat.

Strafrechtler Roxin: § 218 ist entbehrlich, sozialpolitische Maßnahmen seien wirkungsvoller als Strafe

Auch der namhafte Strafrechtler Claus Roxin vertrat oder vertritt die Ansicht, dass ein wirkungsvoller Schutz anstatt durch Strafe auch durch sozialpolitische Maßnahmen gewährleistet werden kann. Das heißt, dass eine Strafbarkeit gemäß § 218 für die Abtreibung selber entfallen kann, was auch eine Strafbarkeit der „Werbung“ gemäß § 219a StGB entbehrlich machen würde. Seine Ansicht wird von Statistiken über Abtreibungen gestützt. Zudem hilft eine sachgerecht durchgeführte Abtreibung Frauen gesund zu bleiben. Ohne die Möglichkeit, die Schwangerschaft sicher in einem Krankenhaus zu beenden, ist die Gefahr hingegen groß, qualvoll an den Folgen stümperhaft ausgeführter Abtreibungen zu sterben oder lebenslänglich an den Verletzungen zu leiden.

Neuer Frame: Reproduktive Freiheit der Frau statt Zwang zur Mutterschaft

Der Frame der von Abtreibungsgegnern beschworenen Kindstötung reduziert das Thema „Abtreibung“ auf die zu schützenden Leibesfrucht und blendet die genannten Belange der Frauen völlig aus. Er blendet auch aus, dass das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung der sicherste Weg ist, dass Frauen gar nicht erst abtreiben. Wenn Frauen die Verhütung und Familienplanung verantwortungsvoll selber in die Hand nehmen könnten, würde die Zahl der Abtreibungen sinken. Dies belegt das Beispiel Kanada, wo die Abtreibung seit 1988 völlig restriktionslos möglich ist. Ein neuer Frame, den Frauen und Männer in der jetzt wieder aufflammenden dringend gebotenen Debatte um die §§ 218 ff. StGB einbringen könnten, sollten diese Gedanken aufgreifen: Nämlich, dass die reproduktive Freiheit den Frauen und ihren schon geborenen Kindern hilft, dass sie die Zahl gefährlicher Abtreibungen senkt und somit Mütter gesund erhält. Dass ein Zwang zur Mutterschaft hingegen das Leben und die Gesundheit von Frauen gefährdet und in der Folge das Leben ihrer schon geborenen Kinder.

Was also tun? Intelligent protestieren und neue Frames einführen

  • In der Debatte das Recht auf reproduktive Freiheit der Frauen und ihrer Familien propagieren. Dieses Recht schließt das Recht auf Verhütung, auf Informationen zu Schwangerschaft und Abtreibung ein und das Recht, eine ungewollte Schwangerschaften nicht auszutragen, sondern von Ärzt*innen sicher beenden zu lassen.
  • Im Hinblick auf eine Abtreibung ruhig den juristischen Begriff von der Leibesfrucht benutzen oder den lateinischen Begriff des Nasciturus. Beide Begriffe tragen auch der von Juristen angerkannten Tatsache Rechnung, dass sich das Wunder Mensch eben erst so nach im Bauch einer Frau entfaltet. Auf die Rechtsprechung des BVerfG von der „Zweiheit in Einheit“ hinweisen.
  • Nicht den Abtreibungsgegnern in die Hände spielen, indem man ihre Argumente wiederholt und ihre Frames aktiviert. Dran denken: Auch Frames, die man verneint, prägen den Frame im Kopf ein. Wer sagt: „Das ist keine Kindstötung“, brennt den Gedanken ein, dass eine Abtreibung genau eine Kindstötung sei, in den Köpfen der Zuhörer oder Leser ein.
  • Notfalls lieber noch von Abtreibung statt von Schwangerschaftsabbruch reden.
  • Sich der Petition zur Abschaffung des § 219a StGB anschließen. Hier geht’s zur Petition.

Nachtrag: Die Forderung in der Presse:

Der Deutsche Juristinnenbund und der Deutsche Ärztinnenbund fordert ebenfalls die Abschaffung von §219 StGB. https://www.djb.de/Kom-u-AS/K3/pm17-42/

Hier ist ein Video von Teen Vogue, das man theoretisch als „Werbung“ bezeichnen könnte, aber alle Anforderungen an eine gute Aufklärung und Information erfüllt:

https://www.teenvogue.com/story/planned-parenthood-videos-explain-abortion?mbid=social_facebook

 

Kategorie: Aktuelles, Recht Stichworte: #Kristinahaenel, Abtreibung, Framing, Kommunikation, Kommunikationsinstrument, Strategie

Website: Und was habe ich davon?

14. April 2017 von Eva Engelken 3 Kommentare

Kundennutzen in der Leistungsbeschreibung hervorhebenWelchen Nutzen bringt Ihre Leistung eigentlich Ihren Mandanten?

Sprechen wir heute über Ihr Angebot. Also über das, was Ihre Kanzlei an Leistungen anbietet, Ihre „Produkte“, also Rechtsberatung und sonstige anwaltliche Tätigkeiten. Diese Produkte sind so vielgestaltig wie Wolken am Frühlingshimmel – und als Dienstleistung ebenso flüchtig. Doch obwohl Ihre Leistungen flüchtig sind, können sie so viel Wirkung erzeugen wie ein Tornado. Was Sie tun (oder nicht tun), kann Manager ins Gefängnis bringen. Es kann helfen, Hochzeiten im Himmel zu schließen. Oder dazu beitragen, dass einstmals liebende Ehegatten zu mörderischen Rosenkriegern mutieren.

Umgekehrt können Ihre Dienstleistungen viel Gutes bewirken. Sie können für Jahrzehnte den Familienfrieden sichern. Und Firmengeflechte vor Streit bewahren. Oder sie können gekündigten Angestellten zu auskömmlichen Abfindungen verhelfen. Kurz gesagt: Als Anwalt oder Anwältin können Sie richtig viel Nutzen stiften. Oder viel Schaden anrichten.

Wie wäre es, wenn Sie auf Ihrer Website den Kundennutzen in den Vordergrund stellen würden?

Wenn Sie einem Mandanten klar machen wollen, was Sie alles können, könnten Sie all das erwähnen. Sie könnten von den Rosenkriegen berichten, die Sie angezettelt oder wieder befriedet haben. Sie könnten von all den Abfindungen schwärmen, die Sie erstritten haben. Oder von den ausgefuchsten Paragrafenmonstern, auch Verträge genannt, mit denen Sie Ihre Gegner in die Knie gezwungen haben. Ihr Mandant oder Ihre Mandantin bekäme eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was er oder sie davon hätte, Sie zu beauftragen.

Traditionell überwiegt die Nabelschau, das „Wir können alles, vor allem Juristendeutsch“

Das Erstaunliche ist, dass sich dieser sogenannte Kundennutzen auf ganz vielen Websites oder Broschüren von Kanzleien nicht widerspiegelt. Stattdessen steht dort, was die Kanzlei respektive das Unternehmen alles Tolles vorweisen kann. Sinngemäß:

„Wir können Arbeitsrecht, wir haben in Berkeley studiert und 120 Aufsätze in vergilbenden Fachzeitschriften veröffentlicht.“

oder (aus eine Website):

„Wir stehen weiterhin an der Spitze der Entwicklungen bei Pre-IPO- und Bezugsrechtsemissionsfinanzierungen sowie von Public-to-Private-Transaktionen.“

Was erst im zweiten Satz erwähnt wird – oder im dritten oder vierten Satz oder gar nicht – ist, was man als Mandant oder Mandantin von all diesem Können hat:

„Damit tragen wir zu einer effizienten Durchführung von Finanzierungstransaktionen bei.“

Überzeugender Text nimmt die Leserperspektive ein: „Dein Problem ist… und unsere Leistung löst es“

Für die eilige Leserin im Internet wäre die Lektüre effizienter, wenn ihr Problem von Anfang an skizziert und dann dargestellt würde, wie die Kanzleileistungen zur Lösung beitragen können.

„Sie haben Großes vor. Der Wert Ihrer Targets liegt bei 500 Millionen Euro aufwärts. Die Kaufverträge sollten nicht von Anfängern abgefasst sein, sondern von erfahrenenen Profis, die in dieser Kampfklasse Erfahrungen vorweisen können. Denn wenn bei dieser Größen etwas schief geht, wird’s richtig teuer.“

Und erst dann kommt der Beleg, dass die Kanzlei für diese Herausforderung die richtige Dienstleisterin ist.

„Die Mitglieder unseres Finanzierungsteam gelten im Markt als führend, wenn es um Pre-IPO- und Bezugsrechtsemissionsfinanzierungen ab 100 Millionen geht.“

Und so weiter…

Setz die Mandantenbrille auf!

„Walk in your customer‘s shoes“ empfehlen englische Unternehmensberater. „Setzen Sie die Mandantenbrille auf“ lautet das deutsche Pendant. Gemeint ist in beiden Fällen das Gleiche, nämlich: versetzen Sie sich in die Person, für die Sie etwas tun. Und dann beschreiben Sie Ihr Produkt oder Ihre Leistung aus der Perspektive dieser Person. Beschreiben Sie, was sie davon hat, Sie zu mandatieren. Nicht: „wir können Arbeitsrecht und haben in Berkeley studiert und“, sondern: „Sie stecken in dem Schlamassel und wir holen Sie da raus.“ Und: „Wir können das, vertrauen Sie uns, weil wir schon zig Personen aus dem gleichen Matschloch herausgezogen haben.“

Einverstanden? Oder Einspruch?

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Klartext-Team!

Kategorie: Aktuelles, Kanzleikommunikation, Kommunikationstipps Stichworte: Internetauftritt, Kanzleikommunikation, Kommunikation, Website

Schneeschieber-PR oder wie Sie Ihrem Kanzleiauftritt (digitale) Klarheit verschaffen

1. März 2017 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Machen Sie den Weg frei für die richtigen Mandanten

Wenn kein zugkräftiges Thema da, dass Ihnen die Mandanten quasi automatisch in das Postfach spült, müssen Sie etwas tun, das ein Kunde von mir kürzlich als „Schneeschieber-PR“ bezeichnet hat. Heißt, Sie müssen den Schnee aus ihrer Einfahrt schippen, damit Besucher unfallfrei zu Ihnen kommen können. Im Frühjahr sollten Sie die Einfahrt fegen und Gerümpel beiseiteräumen. Sie wollen doch, dass man Ihr Kanzleischild sieht und niemand auf den Stufen zu Ihrem Büro ausrutscht, oder?

Auf Ihre Kanzleikommunikation übertragen heißt das: Sie müssen Wege bahnen, damit die richtigen Mandanten zu Ihnen finden. Je weniger Geld ein einzelnes Mandat bringt, desto mehr Personen müssen Sie überzeugen. Umgekehrt gilt: Je mehr Geld das einzelne Mandat bringt, desto eher sollten genau solche Mandate auf Ihrem Schreibttisch landen. Und nicht bei der Konkurrenz!

Digitale Klarheit setzt inhaltliche Klarheit voraus

Im digitalen Zeitalter, wo ganz viele Kontakte ihren Anfang im Internet nehmen, heißt das: Ihre Kanzleiwebsite sollte gut sichtbar und alle Informationen klar und leicht zugänglich angeordnet sein. Digitale Klarheit nennt man das. Nur so finden die richtigen Mandanten Sie. Leider beginnen hier schon die Probleme. Digitale Klarheit setzt nämlich inhaltliche Klarheit voraus und an der hapert es in vielen Unternehmen.

Der Obersatz der Kommunikation: Wer kommt zu Ihnen aus welchem Grund?

Trifft das auch auf Sie zu oder können Sie klar die folgenden 3 Fragen beantworten? Wem nützen Ihre Leistungen? Was genau bieten Sie überhaupt an? Und wie kommen Ihre Leistungen zum Kunden? In guter juristischer Tradition können Sie daraus einen Obersatz bilden: Wer mandatiert Sie aus welchem Grund? Oder Sie belassen es bei den drei Einzelfragen, die auf englisch noch knackiger klingen:

  • Who do I serve?
  • What do I sell?
  • How do they get it?

Geraten Sie bei einer der drei Fragen ins Straucheln? Dann versuchen Sie jetzt, Klarheit zu schaffen! Die drei Fragen zwingen Sie zu Klarheit und Genauigkeit. Und diese Klarheit brauchen Sie, wenn Sie Ihre Einfahrt zum Büro oder Ihre Website entrümpeln wollen.

 1. Kennen Sie Ihre Zielgruppe?

Wissen Sie genau, wem Sie Ihre Dienstleistung alles anbieten? Wenn nein, ist es jetzt an der Zeit für eine Zielgruppenanalyse. Diese kann sich auf die gesamte Kanzlei beziehen, auf einzelne Praxisgruppen oder auf Sie ganz persönlich. Die Analyse klärt, welche Personen etwas von Ihrem Angebot haben; wer davon am meisten profitiert, es aber nicht bezahlen kann. Und schließlich, wer es bezahlen kann und will. Diese Personen wollen Sie erreichen.

2. Welche Probleme lösen Ihre Leistungen?

Können Sie kurz und attraktiv auf den Punkt bringen, was Sie anbieten? Und können Sie sagen, welches Problem Sie mit Ihren Leistungen für Ihre Mandanten lösen? Wenn nein, setzen Sie sich in Gedanken die Brille des Mandanten oder der Mandantin auf: Welche (Rechts)probleme drücken ihn oder sie? Nehmen Sie einen Stift zur Hand und bringen es zu Papier.

Nicht:

„Ich kann Arbeitsrecht, Familienrecht, Immobilienfinanzierung und Kapitalmarktrecht“,

sondern sinngemäß:

„Ich helfe dir bei deiner Kündigung, deiner Scheidung oder bei der reibungslosen Emission einer Anleihe.“

3. Mit welcher Vertriebsstrategie bringen Sie Ihre Leistungen zur Mandantin?

Wie kommen Ihre MandantInnen an Sie und Ihre Beratung heran? Über welche Vertriebswege gelangt Ihr Wissen zum Unternehmen? Wo und wie erfährt man von Ihnen? Wonach suchen Menschen, die eine Rechtsdienstleistung benötigen, wie Sie eine anbieten? Welche Suchbegriffe geben Leute ein, die BeraterInnen wie Sie suchen?

Beispiel Arbeitsrecht:

Angenommen, Sie wollen eigentlich Arbeitsrecht für Führungskräfte und Schulungen für Betriebsräte anbieten, sollten Ihre Website und Ihre Broschüren genau für diese Personen umfassende Infos enthalten. Dass Sie auch noch allgemeines Zivilrecht und bei Bedarf Familienrecht können oder einen Fachwanwaltslehrgang im Verkehrsrecht gemacht und im Verwaltungsrecht promoviert haben, ist schön. Das nützt aber nichts, wenn Rechtssuchende Arbeitsrechtsprofis suchen. Diese Informationen nützen nicht nur nicht, sondern sind Gerümpel, welches den Weg zu den nützlichen Infos versperrt.

Und Gerümpel ist dazu da, entsorgt zu werden.

P.S. Um sich dabei Unterstützung zu holen, könnte ein Positionierungsworkshop vielleicht das Richtige sein.

 

Kategorie: Aktuelles

Digitale Kommunikation und Rezension „Web oder stirb“ von Kerstin Hoffmann

9. Februar 2017 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Web oder stirb – Erfolgreiche Unternehmens-kommunikation in Zeiten des digitalen Wandels von Kerstin Hoffmann

Das Internet geht nicht mehr weg

Anderthalb Jahre nach seinem Erscheinen ist „Web oder Stirb“ von Kerstin Hoffmann für die Kanzleikommunikation immer noch hochaktuell. Denn mittlerweile ist zwar den meisten Anwälten und Business Developern klar, dass das Internet bis auf weiteres bleiben wird. Und dass es Einfluss auf Akquise und Personalsuche hat.

Doch weitere Konsequenzen haben sich viele noch nicht bewusstgemacht. Zum Beispiel, dass die sozialen Medien das Ende der kommunikativen Einbahnstraße bedeuten. Kommunikation im digitalen Zeitalter heißt Interaktion!

Im Social-Media-Zeitalter kann jeder Mitarbeiter Markenbotschafter sein.

Mit der digitalen Transformation kann jede Einzelperson Botschafterin ihres Unternehmens respektive ihrer Kanzlei sein. Zwar avanciert sie nicht zur Pressesprecherin des Unternehmens. Aber sie kann über Facebook, LinkedIn, Instagram und andere Kanäle Inhalte beitragen. Sie kann auf Veranstaltungen hinweisen oder mit schnell geknipsten Handyfotos das Unternehmens menschlich machen. Menschlich ist wichtig, denn auch in der Rechtsberatung werden Menschen von Menschen mandatiert.

Das System verändert sich

„Web oder stirb“ leistet zweierlei. Es stellt systematisch alle Formen digitaler Kommunikation dar – von der internen Unternehmenskommunikation bis hin zu Einzelkanälen wie Twitter. Und es schärft den Blick für die Systemveränderungen, etwa die Schnelligkeit, das Empfehlungswesen und die Interaktion, um nur einige zu nennen.

Schnellere Anfragen erfordern schnellere Antworten

Die digitale Kommunikation hat es viel eiliger als die analoge, auch wenn dabei das sorgfältige Abwägen manchmal auf der Strecke bleibt. Antworten auf Anfragen oder Reklamationen werden viel schneller erwartet als in der analogen Welt. Im Internet können viel mehr Menschen miteinander kommunizieren und tun es auch. Die Medien und Methoden, mit denen ein Unternehmen Informationen verbreiten kann oder mit denen ein Nutzer sich über selbiges informieren kann, haben sich vervielfältigt.

Bewertungen – igitt oder nützlich?

Empfehlungen und Bewertungen von Produkten oder Dienstleistungen haben einen sehr hohen Stellenwert. Auf www.anwalt.de und anderen Portalen kann jederman Beurteilungen zu seinem Anwalt oder seiner Anwältin abgeben oder konsumieren. Diese Beurteilungen sind nicht immer aussagekräftig oder gerecht, aber es gibt sie nun einmal. Dieses Empfehlungswesen ärgert Juristen durchaus, worüber man schmunzeln kann, schließlich gehört das Urteilen und Beurteilen zum juristischen Tagesgeschäft. Und natürlich haben sich Volljuristen zweimal im Leben selber einem harten Staatsexamen gestellt und vielleicht auch noch dem Rigorosum bei der Doktorarbeit. Doch damit sollte es dann aber auch gut sein, denken viele, wenn es darum geht, sich etwaigen Bewertungen im Internet auszusetzen.

Dabei können Kanzleien von Bewertungen auch bei der Bewerbersuche im Internet profitieren. Auch hier gilt: Jede Kanzlei, die sich traut, Bewertungen einzuholen oder ihre Bewertungen als Arbeitgeber etwa bei Kununu aktiv managt, hat einen Vorsprung gegenüber ihren zurückhaltenderen Wettbewerbern.

Die klassische Sorge der Anwälte: Wer sich zeigt, macht sich angreifbar

Doch immer noch hält die Furcht vor ominösen Kommentaren oder gar dem Shitstorm, der im weiten Meer des Internets unerwartet ausbrechen kann, viele davon ab, sich überhaupt mit den Möglichkeiten der Interaktion zu beschäftigen. Und selbst wenn sie sich klargemacht haben, dass ein Shitstorm nicht das erste ist, das ihnen widerfährt, sobald sie sich einen Twitteraccount zugelegt haben, sorgen sich viele um ihren guten Ruf, wenn sie sich überhaupt zeigen.

Twitter ist nicht nur für Politiker ein nützliches Medium

Jeder, auch die Verfasserin, kennt dieses natürliche Schamgefühl, das sich einstellt, wenn man beginnt, im Internet irgendetwas zu schreiben, seien es Blogbeiträge, Kommentare oder Twittermeldungen. Am Anfang geniert man sich ein bisschen und das lässt erst nach, wenn man gewissermaßen seine Schreibstimme gefunden hat.

Diese Schreibstimme oder Persönlichkeit im Netz kann vollkommen seriös sein. Dass es gelingen kann, sich persönlich und mit Augenzwinkern auszudrücken, ohne die anwaltliche Würde zu beeinträchtigen, zeigen twitternde Anwälte wie etwa die Graf-von-Westfalen-Partnerin Barbara Mayer (https://twitter.com/Barb_Mayer) oder der Noerr-Parter  Thomas Klindt (https://twitter.com/TomKlindt).

Ganz abgesehen von der Möglichkeit, sich fachkundig und zugleich menschlich zu präsentieren, ist Twitter natürlich ein hervorragendes Trainings-Camp für alle, die üben wollen, sich kurz und prägnant auszudrücken. Schließlich ist die Länge eines Tweets weiterhin auf maximal 140 Zeichen beschränkt.

Starke Profile im Netz machen den Umweg über die mühsame Pressearbeit entbehrlich

Eine wichtige Erkenntnis ist es, dass soziale Medien am besten über persönliche Kontakte und über Gesichter funktionieren. Um Einfluss auszuüben, sich als Experte einen Ruf zu verschaffen oder um Kontakte zu knüpfen, sind nicht mehr alleine die herkömmlichen Tools der PR entscheidend, also die Pressearbeit oder die gekauften Anzeigen. Starke Influencer im Netz können mittlerweile ganz ohne die Hilfe herkömmlicher Medien News machen oder verbreiten.

Ein Beispiel aus der Unterhaltungsbranche ist die amerikanische Sängerin Taylor Swift. Sie hat Millionen Follower auf ihrem Tumblr-Account. Mittels eines Postings brachten sie 2015 den Techkonzern Apple höchst medienwirksam dazu, das Bezahlmodell seines neuen Streamingdienstes „Apple Music“ zu ändern. Ausführlich dazu die Zeit: http://www.zeit.de/kultur/musik/2015-06/apple-music-taylor-swift-musik-streaming.

Der einzelne persönliche Kontakt auf XING oder Facebook kann entscheiden

Nun haben Anwälte in der Regel keine Millionen Follower auf Instagram, XING, Twitter oder Tumblr. Doch auch sie können im Netz sichtbar werden und bei ihren Mandanten, Kollegen und anderen interessierten Menschen Einfluss ausüben, ohne dass die herkömmliche Presse über sie berichten musst. Es reicht, wenn sie als Privatperson auf sozialen Plattformen sichtbar sind und man sie aufgrund ihres Namens der Kanzlei zuordnen kann.

Über Umwege kann man über einen Twitteraccount auch zu einem der begehrten Gastbeiträge in einer traditionellen Zeitung kommen, etwa wenn ein Journalist auf den Tweet eines Anwalts aufmerksam wird und bei ihm ausführlichere Informationen anfordert.

Der digitale Wandel findet jetzt statt

In jedem Fall lautet das wichtigste Fazit des Buches, dass Unternehmen den digitalen Wandel nicht verschlafen sollten. Hoffmann: „der beste Zeitpunkt, in den digitalen Wandel einzusteigen, ist schon seit längerer Zeit: allerspätestens jetzt.“ Die Umsetzung erfordert natürlich eine gute Strategie. Aber das ist beim Thema Kommunikation ja nichts Neues.

  • Kerstin Hoffmann
  • Web oder stirb! Erfolgreiche Unternehmenskommunikation in Zeiten des digitalen Wandels
  • Haufe Verlag 2015
  • https://shop.haufe.de/prod/web-oder-stirb

 

Kategorie: Aktuelles, Employer Branding, Kanzleikommunikation, Public Relations, Rezension Stichworte: Buchrezension, Internet, Pressearbeit, Social Media

Kommunikation: Reden Männer anders als Frauen?

8. Januar 2017 von Eva Engelken 2 Kommentare

Klartext schmeckt - greifen Sie zu!
Klartext schmeckt – greifen Sie zu!

Sven Oswald und Daniel Finger von radioeins haben mich am 8.1. in der Sendung „Zwei auf eins“ gefragt, Kommunizieren Männer anders als Frauen? (hier zu den 3 Fragen im Radio, Minute: 11:48). Und hier ein paar ausführlichere Gedanken dazu:

Gibt es Unterschiede? Und wenn ja, woher kommen sie?

Ja, Frauen und Männer drücken sich unterschiedlich aus. Das liegt nicht an der Biologie, sondern an unterschiedlichen Rollenerwartungen. Auch wenn sie in einer modernen gleichberechtigten Gesellschaft antiquiert erscheinen, beeinflussen sie die Kommunikation von Männnern und Frauen. Der Blogbeitrag analysiert die Unterschiede und gibt Tipps, wie man damit clever umgeht.

Die Stimmlage von Frauen ist tiefer geworden

Die entspannte Sprechlage liegt bei Frauen bei 220 Hertz, bei Männern bei 120 Hertz. Interessante Beobachtung: Durchschnittlich hat sich die durchschnittliche Stimmlage in Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten um 2-3 Halbtöne gesenkt. Der Grund ist die fortgeschrittene Emanzipation von Frauen. Anschaulich wird der Unterschied an Filmen von damals und heute: Da die zarten, piepsigen Stimmen von Romy Schneider oder Heidi Kabel aus einem Heimatfilm aus den 60er oder 70er Jahren, dort die tiefen Stimmen einer Maria Furtwängler oder Ulrike Folkerts aus einem Tatort von heute.

Sonore Stimme = Führungsstärke

Frauen in Führungspositionen wissen schon seit seit jeher, dass frau sich mit einem maskulineren Auftreten besser durchsetzt: So soll sich Margret Thatcher, britische Premierministerin von 1979 bis November 1990, bewusst eine tiefe Stimme antrainiert haben. Andererseits halten Männer Frauen für attraktiver, die relativ hoch und zart sprechen. An fruchtbaren Tagen wird die Stimmlage von Frauen höher. Soweit zu den Unterschieden in der Stimmhöhe.

„Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“

Doch was ist mit dem Inhalt der Sprache? Was Frauen und Männer sagen, wird nicht von der Biologie bestimmt. Die Annahme, dass Frauen und Männer unterschiedliche Gehirne hätten, ist widerlegt. Genetisch sind Männer und Frauen zu 99 Prozent gleich. Sogar die ach so unterschiedlichen Geschlechtsorgane ähneln sich in ihrer Zellstruktur frappant.

„Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“,

schrieb die berühmte französische Philosophin Simone de Beauvoir 1949 in einem Essay. Sie meinte damit, dass das Verhalten einer Frau und eines Mannes durch Rollenerwartungen geprägt wird.

Die Steinzeit lässt grüßen

Diese traditionellen Rollenbilder sehen den Mann als Jäger und Sammler, der aggressiv herrschen und beschützen musste, während die Frau die Kinder erziehen und die Gemeinschaft zusammenhalten musste.

Wikipedia: 

„Die historische Perspektive des Mannes als Jäger und Sammler, konkurrierend mit anderen Männern um Nahrung, Ressourcen und Frauen und mit geringen Investitionen in die Erziehung der Kinder, ist konsistent mit der Entwicklung von speziell männlichen Eigenschaften wie Aggression, Konkurrenz und Raumvorstellung. Bei Frauen standen wahrscheinlich Kindererziehung und die Fähigkeit, in einer kooperativen Gemeinschaft zu überleben, im Vordergrund, was die Herausbildung von kommunikativen und sozialen Fähigkeiten beförderte…“

Das Patriarchat beeinflusst Verhalten und Kommunikation

Nun ist die Steinzeit lange vorbei, gleichwohl haben es die herrschenden Instanzen geschafft, über Jahrtausende eine patriarchale Gesellschaftsordnung zu etablieren und immer wieder neu zu begründen. Diese patriarchale Gesellschaftsordnung hat sich nicht nur in den Rechtsnormen und dem Verhalten, sondern auch in der Sprache niedergeschlagen. Man kann also sagen, dass auch die unterschiedliche Art, wie Männer und Frauen kommunizieren, von Geschlechtsnormen geprägt sind.

Stereotyp: Männer behaupten sich, Frauen stellen Nähe her

Die sprachlichen Geschlechtsnormen besagen kurz gefasst:

  • Männer setzen die Sprache ein, um Hierarchien zu festigen und ihre Machtposition auszubauen.
  • Frauen, die zuständig sind für das Aufrechterhalten sozialer Beziehungen, reden, um Nähe und Gemeinschaft herzustellen.

Reden Männer „hart wie Kruppstahl“?

Von Adolf Hitler stammt der Ausspruch, die deutsche männliche Jugend müsse sein:

„flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl.“

Hitlers Ziel war es, einen neuen Mann zu erziehen. „Das Schwache muss weggehämmert werden“, verkündete er. Gottseidank hat Deutschland den 2. Weltkrieg verloren und ist das Dritte Reich zusammengebrochen. Dennoch wirkt es im Verhalten und eben auch in der Sprache nach. Besonders nachdrücklich wirkt das in der Generation der Kriegskinder von 1939 bis 1945. Männer aus dieser Generation tun sich traditionell besonders schwer Gefühle zu äußern. Daran haben besonders ihre Söhne bis heute zu knabbern.

Geschlechterstereotypen – Beispiele

Im Grunde hat jedes traditionelle männliche und weibliche Rollenverhalten ein sprachliches Pendant.

Rolle im öffentlichen Raum

Männer nehmen mehr Raum ein, beanspruchen mehr Redezeit bei öffentlichen Auftritten. Frauen halten sich eher zurück.

Rolle bei Gehaltsverhandlungen

Von Männern wird erwartet, dass sie offensiv für ihren eigenen Standpunkt werben, ohne dass man ihnen deshalb Egoismus anlastet. Frauen, die allzu offensiv für ihre Belange eintreten, werden leicht als kalt und berechnend wahrgenommen.

Machtbewusstsein und Eigenlob

Männern wird ohne Probleme zugestanden, dass sie ihre Leistungen hervorheben, während man von Frauen traditionell Bescheidenheit erwartet.

  • Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Facebook-Vorstandfrau Sheryl Sandberg. Sie beschreibt in ihrem autobiografischen Sachbuch „Lean In – Frauen und der Wille zum Erfolg“, wie sie als Jahrgangbeste einmal ein Henry-Ford-Stipendium bekommen habe. Das habe sie jedoch verschwiegen, aus Angst, von ihren benotenden Professoren als egoistisch wahrgenommen und nicht mehr gemocht zu werden.

Umgang mit Ängsten und Schwächen bei Männern und Frauen

Frauen, die traditionell als das schwache Geschlecht gelten, dürfen bis zu einem gewissen Grad auch in der Öffentlichkeit Schwächen eingestehen und Rat und Trost erbitten.

  • Ein Beispiel ist die traditionelle Freundinnenclique, die sich alles gesteht und Freundschaft daran misst, wieviele Geheimnisse man sich erzählt. Mein eigenes Beispiel ist mein Netzwerk Texttreff, in dem jederzeit um Hilfe gefragt werden kann.

Gemeinnützige Tätigkeiten

Von Frauen wird erwartet, dass sie vielfältiges ehrenamtliches Engagement zeigen. Etwa im Umfeld von Kindererziehung, Schule und Altenpflege vom Kuchenbacken bis zum Besuchsdienst. Würde sich eine Frau ständig für all ihre unbezahlten Tätigkeiten loben, würde dies als unpassend wahrgenommen. Würde sie hingegen Hilfsdienste kategorisch verweigern, würde man sie als kalt und egoistisch wahrnehmen. Männer, die sich ausnahmsweise gemeinnützig engagieren, dürfen dagegen mit Erstaunen und Lob rechnen und müssen keine tadelnden Blicke fürchten, wenn sie sich bei Hilfsdiensten vornehm zurückhalten.

Bei Nichtbefolgen der traditionellen Geschlechtsnormen droht Strafe

Sowohl die gesellschaftlichen als auch die daraus folgenden sprachlichen Geschlechtsnormen wirken wie gewöhnliche Gesetze: Wer gegen sie verstößt, wird bestraft. Das trifft emanzipierte Frauen gleichermaßen wie Männer, die sich dem Stereotyp des harten, keine Gefühle zeigenden Cowboys verweigern. Also eigentlich uns alle.

  • Als berufstätige Mutter, die nicht alle naslang mit einem selbstgebackenen Kuchen in der Grundschule aufläuft, muss ich mir das leichte Naserümpfen einer stets präsenten Supermutti gefallen lassen.
  • Männer, die dem traditionellen Bild des Indianers, der keinen Schmerz zeigt, entsprechen wollen, tun sich keinen Gefallen, wenn sie Unsicherheiten oder gar Ängste oder psychische Probleme ansprechen.

Sprachlich drückt sich das in Beschimpfungen à  la „du Mädchen“ aus. „Mädchen“ ist ja per se keinesfalls ein Schimpfwort. Aber es verdeutlicht dem als Mädchen bezeichneten Mann, dass er gegen traditionelle Geschlechternormen verstoßen habe.

Clinton gilt als „machtgeil“, Trump als „ehrlich“

Wer es als Frau wagt, offen Macht anzustreben, lehnt sich gegen die traditionelle dienende Rolle der Frau auf und wird entsprechend hart sanktioniert.

  • Prominentestes aktuelles Beispiel dürfte Hillary Clinton sein, die am 8. November 2016 Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl unterlag. Die erfahrene und in jeder Hinsicht für das Amt geeignete Politikerin hatte einen Hauptmakel, der darin bestand, dass sie eine Frau war. Bezeichnend in dem zur Schlammschlacht ausartenden Wahlkampf war, dass Donald Trump sich eine sprachliche Entgleisung nach der anderen leistete, ungeniert log und beleidigte und dennoch von seinen Anhängern gefeiert wurde, weil mit ihm „endlich mal jemand wagte, zu sagen, was Sache war“. Hillary Clinton hingegen wurde als zickig, berechnend, gar als Hexe beschimpft. Übrigens auch von Frauen.

Sanktionen gegen Frauen kommen oft auch von Frauen

Das Perfide an den geschlechtlichen Sprachnormen ist, dass sie auch vom eigenenen Geschlecht durchgesetzt werden. Bzw. dass Männer andere Männer abqualifizieren, wenn sie verstoßen und dass Frauen anderen Frauen zusetzen.

  • Man denke an die katholische Kirche, die Priester bestraft, wenn sie sich zu ihrer Homosexualität bekennen. Oder an die schon genannten Männer, die andere Männer als „Mädchen“ oder als „Schwuchtel“ abqualifizieren.

Frauen tragen bewusst und unbewusst andauernd dazu bei, dass gesellschaftliche und in der Folge auch sprachliche Gesellschaftsnormen von anderen Frauen eingehalten werden.

  • Beispiel Hillary Clinton. Ich persönlich wäre davon ausgegangen, dass quasi jede Frau in den USA Hillary Clinton wählen würde, alleine, weil sie eine Frau ist. Doch das war nicht der Fall. Zwar haben deutlich mehr Frauen Clinton ihre Stimme gegeben als Trump, aber es gab auch viele, die Hillary Clinton aufs schärfste verurteilt haben.

Frauen fühlen sich minderwertig und halten andere Frauen klein

Warum ist das so? Die US-amerikanische Feministin Gloria Steinem hat beobachtet, dass viele der sogenannten „Hillary Haters“ sogar Hillary Clinton ähnelten: Sie waren weiß, gebildet und mit einflussreichen Männern liiert. Der Unterschied war: Diese Frauen waren trotzdem nicht so stark und unabhängig wie Hillary Clinton. Deshalb mochten sie Hillary Clinton nicht, weil sie ihnen mit ihrer Stärke und Unabhängigkeit auf brutalste zeigte, wo ihr eigenes Leben nicht in Ordnung war. Ihnen wurde bewusst, dass sie von ihren Männern nicht als gleichberechtigt behandelt wurden, dass sie betrogen wurden und sie ihre Männer nicht verlassen konnten und vieles mehr.

Wer sich nicht kleinmacht, wird kleingemacht

Der Grund für ihre Abwertung von Clinton waren also Neid und Minderwertigkeitsgefühle. Hillary war ursprünglich wie sie, aber sie weigerte sich, deshalb so unerfolgreich zu sein wie sie. Deshalb verzichteten diese Frauen aus persönlichem Neid darauf, sie zu wählen und möglicherweise eine weibliche Präsidentin zu bekommen, mit der sich vielleicht das Leben für alle von ihnen verbessert hätte.

  • Ein solches Verhalten beobachte ich manchmal auch in Frauennetzwerken. Statt sich unbedingt zu fördern, weil es der Sache dient, werden zu großer Erfolg und mangelndes „sich-klein-Machen“ als ungebührliches Herausstechen aus der Masse werden mit Missgunst und Neid bestraft.

Traditionelle Sprachnormen machen Männern das Leben schwer

Nun leiden unter Geschlechterstereotypen nicht nur Frauen. Auch Männer leiden daraunter. Das traditionell männliche „Nicht-über-Gefühle sprechen“ und „Gefühle-nicht-verarbeiten“ führt bei Männern in der Lebensmitte nicht selten zu psychischen Krisen. Oft eskalieren sie in Alkoholsucht, im Suizid, der dreimal so oft von Männern wie von Frauen begangen wird. Auch der sogenannte erweiterte Suizid, der eigentlich ein Mord mit anschließender Selbsttötung ist, wird zu 90 Prozent von Männern begangen.

Auch weitere Aggressionen aller Art finden sich viel öfter bei Männern als bei Frauen. Die einzige wirksame Hilfestellung: Die Männer kriegen doch noch rechtzeitig die Kurve und finden zur richtigen Zeit einen einfühlsamen Zuhörer oder eine Zuhörerin, die ihnen beim Verarbeiten ihrer Probleme hilft. Häufig ist diese Person eine Frau.

Die Ideallösung: Vielfalt und Gleichberechtigung für alle

Wünschenswert für alle ist eine Gesellschaft, in der auch Männer Schwächen und Gefühle zeigen und artikulieren können und in der Frauen Verantwortung und Machtpositionen anstreben dürfen. Um dahin zu kommen, hilft es, sich die Stereotypen von Mann und Frau klarzumachen und die sprachlichen Pendants dazu. Und dann in im Alltag Bingo zu rufen, wenn man erfolgreich dagegen verstoßen hat.

Für unterwegs: Taktische Tipps und Tricks

Auf dem Weg dahin hilft es, mit den Stereotypen taktisch umzugehen. Sheryl Sandberg hat in ihrem Buch „Lean in“ ein paar ganz gute Tipps zusammengetragen:

  • Gehaltsverhandlungen: Frauen, die ein höheres Gehalt oder andere Vorteile für sich verhandeln wollen, sollten betonen, dass dies dem Wohle aller diene. Hilfreich ist die Betonung des „wir“. Abgesehen von dem taktischen Vorteil gilt natürlich, dass Ergebnisse, die tatsächlich dem Gemeinwohl dienen, nachhaltiger sind als Vorteile, die genau einer Person zugute kommen.
  • Begründung liefern: Während man Männern zugestehe, einfach so für sich selber Partei zu ergreifen, sollten Frauen eine Begründung vortragen.
  • Tonfall: Frauen müssten, so Sandberg, quasi eine „unerbittliche Freundlichkeit“ an den Tag legen. Das entspricht dem allgemeinen Rat, hart in der Sache, aber verbindlich im Tonfall zu sein und schadet ganz sicher nicht.

Weitere Ratschläge darf sich jede und jeder selber hinzufügen.

  • Für Eltern gilt: Bemühen Sie sich, Ihre Töchter  und Söhne gleichermaßen zu fördern. Jungs dürfen weinen und Gefühle haben und zeigen. Mädchen dürfen Macht anstreben, Leistung bringen und dafür Gegenleistungen fordern, die sich auch finanziell bemerkbar machen.

Soweit meine Gedanken zum Thema. Anregungegen gerne an engelken@klartext-anwalt.de.

Mehr lesen: FAZ: Frauen wollen reden, Männer suchen Lösungen

Nachtrag: Auf Facebook kommentierte Carsten Brombach:

„Was ich mich frage: Die Tipps aus ‚Lean In‘ nehmen ja die unterschiedlichen Erwartungen an Frauen und Männer, was Kommunikation betrifft, als gegeben hin und sind darauf ausgerichtet, trotzdem erfolgreich zu sein bzw in der Arbeitswelt zu kommunizieren, was sicher hilfreich ist. Wie aber kommen wir (parallel oder als zweiten Schritt) dahin, dass die unterschiedlichen Erwartungen an sich hinterfragt/ aufgehoben werden können?“
ich antwortete: „Ich glaube, man sie ansprechen. Genauso wie man sich übers „In-den-Mantel-helfen“ unterhält, ob das jetzt gut oder schlecht ist, sollten man/frau ihr Gespür dafür schärfen, ob das männliche oder weibliche Kommunikation ist. Und es dann bei passender Gelegenheit gesprächsweise auch artikulieren, so nach dem Motto „okay, wenn ich jetzt ein Mann wärde, würde ich jetzt den brusttrommelnden Gorilla raushängen lassen und erwähnen, wie großartig uns das letzte Projekt gelungen ist““

Kategorie: Aktuelles, Kanzleikommunikation Stichworte: Frauen, Führung, Hillary Clinton, Kommunikation, Männer, Margret Thatcher, Sheryl Sandberg

Last-Minute-Tipps für die Kanzlei-Weihnachtsansprache

6. Dezember 2016 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Paket - Weihnachtsfeier

Hat es Sie getroffen? Sind Sie die auserwählte Person, die ausersehen wurde, bei der Weihnachtsfeier ein paar besinnliche Worte zu den Anwesenden zu sprechen? Zum Partnerkreis, zum Kollegium? Lesen Sie hier, wie es geht.

Sie sollen Worte finden, die die Sekretärin genauso ansprechen wie den greisen Gründungspartner, der schon Weihnachten feierte, als Deutschland noch mit Kohlen beheizt wurde? Leider haben Sie diese unangenehme Aufgabe bis zuletzt verdrängt und gehofft, Ihre Sekretärin werde Ihnen schon rechtzeitig ein paar vorformulierte Sätze ins Mailpostfach legen. Jetzt stehen Sie möglicherweise betreten da, weil die Assistentin hustend im Bett liegt und Sie selber ranmüssen. Aber keine Sorge, es ist einfacher als Sie denken!

0. Vorüberlegung: Reden Sie rechtzeitig

Die Hauptperson der Weihnachtsfeier ist das gemeinsame Essen und Trinken. Dem sollten Sie nicht die Show stehlen. Platzieren Sie Ihre Rede also direkt vor das Essen oder an den Anfang davon. Umso erfreuter wird Ihr Publikum zur Kenntnis nehmen, dass gleich der erfreuliche Teil des Abends beginnt. Je später Sie reden, umso mehr Showtalent müssen Sie aufbieten, um gegen die vollen Bäuche und das Plauderbedürfnis der Anwesenden zu konkurrieren.

1. Fassen Sie sich kurz

Es geht nur um eine Weihnachtsfeier, nicht um eine dreißigminütige Wahlkampfrede. Reden, die länger als 5 Minuten dauern, werden als Vortrag empfunden, der an diesem Abend fehl am Platze ist.

2. Verkünden Sie eine „Frohe Botschaft“

Das Wichtigste an einer Weihnachtsfeier ist die Frohe Botschaft, die qua Weihnachtsgesetz, Paragraf 3, Absatz 1, eine versöhnliche zu sein hat. In der christlichen Tradition lautet sie: „Freut euch, denn das Christkind ist geboren“. In einer Kanzlei sinngemäß:

„War ein scheiß Jahr, aber ohne Sie alle wäre es noch viel schlimmer geworden, also, danke Ihnen allen und weiter so!“

Oder

„War ein verdammt gutes Jahr, ohne Sie hätten wir das nicht stemmen können, also, danke Ihnen allen und weiter so!“

Nach dem gleichen Prinzip gehen Sie vor bei „aufregenden“, „turbulenten“ und sonstigen Jahren.

3. Stellen Sie den Menschen in den Mittelpunkt

Direkt nach der frohen Botschaft kommt das Menschliche. Das liegt daran, dass das Weihnachtsfest in seinem Wesenskern eine Baby-Shower ist: Man gedenkt keines Märtyrers, sondern eines Neugeborenen. Erfragen Sie in der Personalabteilung runde Geburtstage, Firmenjubiläen, Hochzeiten und Geburten und würdigen Sie diese.

  • Beachten Sie die Skalierung. Bei Kanzleien bis 30 Personen können Sie noch einzelne Namen nennen, bei Kanzleigrößen darüber sollten Sie lieber punkten, indem Sie hervorheben, wie viele Hochzeiten, Neuzugänge, Geburten und Firmenjubiläen etc. im jeweiligen Jahr zu feiern waren.
  • Behalten Sie den menschlichen Aspekt im Auge, auch wenn Sie gewonnene Awards & Co würdigen. Heben Sie die Menschen hervor, die dazu beigetragen haben, dass sie gewonnen werden konnten.
  • Schlagen Sie den Bogen zur frohen Botschaft, in dem Sie so etwas sagen wie:

„mit einer solch lebendigen/energiegeladenen/dynamischen Kanzlei wie dieser können wir zuversichtlich in die Zukunft sehen.“

4. Kommen Sie zum Ende

Ihre Schlussworte werden innig erwartet und mit dankbarem Applaus quittiert, denn sie schließen die Klammer und lauten sinngemäß:

„Ich könnte nun noch zahllose weitere Beispiele nennen für schöne oder herausfordernde Momente, die unsere Kanzlei in diesem Jahr erlebt und gemeistert hat und die mich zur Annahme berechtigen, dass es erfolgreich weitergehen wird, aber die unmittelbare Zukunft wartet – und zwar in Form unseres Weihnachtsessens. Das sollten wir nicht kalt werden lassen. Vielen Dank und guten Appetit!“

Kategorie: Aktuelles, Kanzleikommunikation, Kommunikationstipps Stichworte: Feier, Kanzlei, Rede, Rhetorik, Weihnachten

Schwarze Rhetorik: Gutmenschenlektion 4: Gib Hatespeech keine Chance

17. November 2016 von Eva Engelken Kommentar verfassen

einfaches_weltbildSeit einer Woche (wir erinnern uns: gelbhaariger Mann entscheidet Alptrumpwahl für sich) läuft hier die lockere Serie der „Gutmenschenlektionen in Schwarzer Rhetorik“, um die zum Sprung ansetzenden Populisten wenigstens sprachlich auszubremsen. Heute zum Thema „Hate Speech“. Meine Kollegin Christa Goede hat dazu fulminant gebloggt: „Hate speech – es kann jeden treffen“

6 Methoden gegen Hass im Netz

Hier Christas fünf mögliche Methoden kurz erläutert:

  1. Ignorieren
  2. Moderieren
  3. Mit Ironie reagieren
  4. Deeskalieren
  5. Gruppen bilden

Hinzu kommt die sechste Methode: Plattformbetreiber oder Polizei einschalten

1. Ignorieren? Überlässt Trollen die Bühne

Hasskommentare können sich totlaufen, wenn niemand sie beachtet. Das Problem ist nur: Im Internet bleiben Hasskommentare lange auffindbar. Außerdem können sie den falschen Eindruck erwecken, dass das, was Trolle und Hater da von sich gegeben haben, der Mehrheitsmeinung entspräche. Das ist aber nicht der Fall, wie die Website „No Hate-Speech  bestätigt. Laut einer von ihr genannten kanadischen Studie sind nur 5,6% der befragten User*innen als Hater*innen einzustufen. Der große Rest – 94,4% – ist, so die Studie, für Hass im Netz nicht zu haben. Das heißt im Ergebnis: Das Ignorieren von Hasskommentaren im Netz ist fatal, besser ist es, Farbe zu bekennen und dagegen anzugehen.

2. Wenn man die Macht hat: Trolle wegmoderieren

Moderieren erklärt Christa als „Beleidigungen, Off-Topic oder destruktives Debattenverhalten werden abgemahnt und gelöscht.“ Eine solche Moderation kann eine konstruktive Debatte ermöglichen, erfordert aber Zeit und Einsatz. Ist man nicht selber EigentümerIn oder ModeratorIn der betreffenden Facebookseite oder Zeitungsseite, kommt diese Methode leider nicht zum Einsatz.

3. Ironie ist super, nur: Diktatoren mögen sie nicht

Mit Ironie zu reagieren, entlarvt, so Christa Goede, die „Absurdität einiger „Argumente““. Der Satirewebsite „Der Postillon“ macht das seit Jahren mit großem Erfolg. Der Nachteil sei, so Christa Goede, dass sich die „Fronten verhärten, da Dialoge so oft nicht mehr möglich seien.“

Da ist was dran. Diktatoren lieben keinen Humor, wie man an dem Streit türkischer Staatspräsident Erdogan contra Fernsehkomiker Böhmermann gesehen hat. Im Frühjahr 2015 haben islamistische Terroristen die Mohamed-Karikaturen der französischen Satirezeitschrift CharlieHebdo zum Anlass oder zum Vorwand genommen, die Redaktion zu stürmen und Redakteure zu ermorden. Was beiden Fällen gemeinsam war: die Personen, die mittels Ironie lächerlich gemacht wurden, konnten nicht darüber lachen, sondern wurden erst recht wütend. Ironie und Humor ist oft nur therapeutisch für die Person, die sie anwendet, nach dem Motto von Wilhelm Busch „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“.

4. Deeskalation erfordert mentale Stärke

Auf Hatespeech mit Deeskalation zu reagieren, bedeutet, so Christa  Goede, zu „hinterfragen, vermitteln oder auch eine Diskussion kontrolliert verlassen“. Das erfordere allerdings starke Nerven, und „jede Menge mentale Stärke“.

Bei mir persönlich hängt es stark von der Tagesform ab, ob ich bereit mich, mich im Internet oder in der Wirklichkeit der Konfrontation mit Trollen oder Hetzern zu stellen. Im Internet ist es, wie schon gesagt, in jedem Fall hilfreich, wenn man überhaupt Präsenz zeigt. Stehen unter einem Artikel lauter ausländerfeindliche Kommentare, erzeugt das in der Öffentlichkeit oder bei der Redaktion nun mal den Eindruck, die Mehrheit der LeserInnen sei ausländerfeinlich. Dabei haben die ausländerfreundlichen oder differenziert denkenden LeserInnen es nur nicht für nötig gehalten, ihre „Pro“-Meinung der „Contra“-Meinung entgegen zu setzen. Um das wirkungsvoll zu tun, hilft die fünfte Strategie:

explain
Quelle: https://no-hate-speech.de/de/kontern/

Sammlung witziger Icons, die man Hatern beliebig entgegenschleudern kann: https://no-hate-speech.de/de/kontern/

5. Gruppen bilden

Gruppen zu bilden, ist sehr wirkungsvoll, um Hatern entgegen zu treten. Aber es bedeutet für die vernünftigen, jedoch manchmal etwas trägen Gutmenschen ‚raus aus der Kuschelecke!‘ Farbe bekennen für das, was einem wertvoll ist: Menschenrechte, Respekt, Wertschätzung, Demokratie und Solidarität. Nicht nur mitlesen, auch mal einen Kommentar schreiben! Wenn andere dann „liken“, schwupps, hat sich temporär eine Gruppe gebildet. Gezielt kann man Gruppen bilden, wenn man ein bestimmtes Anliegen verfolgt.

6. Hasskommentare melden

Neben den fünf genannten Strategien gibt es in den sozialen Netzwerken die Möglichkeit, Hater beim Betreiber der Plattform anzuzeigen. Das ist – meiner Erfahrung nach – zumindest bei Facebook nur manchmal von Erfolg gekrönt. Facebook entfernt nämlich beispielsweise nackte Brüste, lässt explizite Vergewaltigungsszenen aber stehen, Argument: Die weitgehend bekleideten Akteure verstoßen nicht gegen das „Nackheitsverbot“ von Facebook!

Strafanzeigen wegen Volksverhetzung, Beleidigung, Verleumdung, übler Nachrede und ergänzend Benutzung verbotener Symbole gemäß § 86 StGB können zu Ermittlungen im wirklichen Leben führen. Im Februar 2016 untersagte das Landgericht Hamburg einem Facebook-Nutzer Hasskommentare gegen die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali.

Zusammenfassung Lektion 4

  • Es gibt keinen Königsweg gegen Hate Speech, aber Hauptsache man tut was

Weiter lesen bei

  • Christa Goede: https://www.christagoede.de/hate-speech-es-kann-jeden-treffen/
  • Oder No Hate-Speech:  https://no-hate-speech.de/de/

Bisher hier erschienen:

Gutmenschenlektion 3: Kein Angst vorm Schwanzlängenvergleich

Gutmenschenlektion 2: Erkenne Narzissten

Gutmenschenlektion 1: Zerfleische dich nicht selbst!

 

Kategorie: Aktuelles, Klartext schreiben, Kommunikationstipps Stichworte: Hatespeech, Internet, Schwarze Rhetorik

Schwarze Rhetorik: Gutmenschenlektion 3: Keine Angst vor dem Schwanzlängenvergleich!

16. November 2016 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Klartext für Anwälte by Eva EngelkenSeit dem Wahlsieg von Trump läuft hier die lockere Serie der „Gutmenschenlektionen in Schwarzer Rhetorik“. Denn so traurig es ist: Mit edlen Manieren alleine sieht man gegenüber Stänkerern alt aus. Auch zur heutigen Lektion passt das Buch „Tough Talk: Die Die rhetorischen Spielregeln zum Überleben im Haifischbecken“ von Marc-Stefan Daniel, Wiley Verlag 2016.

Ich persönlich bin seit vielen Jahren Mitglied in einem fantastischen, in allen Lebens- und Berufsbereichen extrem hilfreichen Netzwerk, auch Texttreff genannt. Die Mitglieder pflegen einen sehr wertschätzenden Umgangston. Streit kommt wie überall vor, aber Stinkstiefel, deren Hauptanliegen es ist, schlechte Luft zu verbreiten, haben dort keine Chance. Das mag daran liegen, dass die Mitglieder traditionell alle weiblich, berufstätig und des Schreibens mächtig sind. Das erweitert den kommunikativen Spielraum. Der wertschätzende Umgangston mag aber auch daran liegen, dass die Mitglieder keine Männer sind. Männer müssen traditionellerweise vor jeder Sachdiskussion erst einmal den unerlässlichen Schwanzlängenvergleich hinter sich bringen, ehe sie beginnen können, um eine konstruktive Lösung zu ringen.  Alle, die das leidige Gockelgehabe kennen, ob aus Politik, kirchlichen, karitativen oder schulischen Ehrenämtern, wissen es zu schätzen, wenn es entfällt.

Es geht nicht darum, Stinkstiefel lieb zu haben, sondern ihnen Respekt abzunötigen

Nun ist aber nicht die ganze Welt ein netter wertschätzender Ort. Die Anhänger von Alptrump und anderen Populisten gehören vielfach zur Kategorie Stinkstiefel. Sie sind dominant und gehässig. Mit solchen Persönlichkeiten kommt man nur klar, wenn man ihnen zeigt, wo der Hammer hängt. Es geht ja nicht darum, sie liebzuhaben, sondern es geht darum, ihnen glasklar zu sagen:

„Ihr lügt!“ und: „Ihr habt und ihr seid keine Alternative!“

Auch harmoniebedürftige Gutmenschen dürfen zeigen, wo der Hammer hängt

Um das im privaten Kreis, am Stammtisch, in sozialen Netzwerken, im Betrieb oder im Kundengespräch zu tun, muss man dazulernen. Man muss auch als harmonieliebende und Wertschätzung schätzende Gutmenschenfrau lernen, solchen Personen argumentativ eins zwischen die Hörner zu geben. Allgemeiner gesprochen: Mensch muss sich Respekt verschaffen, sonst kann mensch eine sachliche Diskussion vergessen. In einer von Wertschätzung geprägten Atmosphäre kann man darauf verzichten, denn da ist der Respekt schon da. Doch wenn einem Misstrauen oder gar Geringschätzung entgegenschlägt, kann man jede sachliche Argumentation vergessen, bevor man sich nicht Respekt verschafft hat. Gilt allgemein gesprochen nicht nur für die Stammtischdiskussion, sondern hilft auch bei harten Verhandlungen im Geschäfts- und Kanzleialltag.

Marc-Stefan Daniel, Autor von „Tough Talk“, bringt das schön auf den Punkt. Er erklärt, dass ein defensiver, diplomatischer oder kooperativer Verhandlungsstil in solch einer Situation die „Grundlage für eine Asymetrie“ im Gespräch lege. Asymetrie bedeutet: Eine Seite zeigt Respekt, die andere nicht. Eine Seite trachtet danach, zu dominieren, die andere Seite lässt sich dominieren. Daniel sagt:

„Zum Spiel gehören immer zwei, einer, der ausprobiert, was er mit dem anderen machen kann und ein anderer, der es mit sich machen lässt. Die Verantwortung für die Asymetrie liegt nicht nur beim Kontrahenten.“

Wer sich auf die Sachebene zurückzieht, bezahlt einen hohen Preis: den, nicht für voll genommen zu werden

Dass zwei dazu gehören, muss man erst einmal verstehen und akzeptieren. Dann versteht man auch, warum eine von vielen Frauen gern genommene Lösung leider keine ist. Frauen sagen angesichts von verbalen Machtkämpfen schon mal mal gerne:

„ich lass mich auf dieses ganze Gegockel doch nicht ein, mir geht es doch um die Sache!“

Mit solchen Worten weichen sie dem verbalen Schlagabtausch aus, das ja. Doch dafür bezahlen sie einen hohen Preis. Denn mit diesem Rückzug auf die vermeintlich vernünftige Sachebene setzen sie die Sache selber aufs Spiel. Sie riskieren nämlich, genau in der Sache nicht für voll genommen zu werden. Damit verschlechtern sie ihre Position in jeder Hinsicht. Jemand, der nicht für voll genommen wird, kann weniger Geld verlangen, kann andere schlechter mitreißen, wird leichter übergangen.

Welche Lehre können Diskutanten daraus ziehen?

  • Immer dort, wo nicht per se ein wertschätzender Umgangston herrscht, reicht eine an der Sache orientierte Diskussion nicht aus.
  • Diskutanten müssen sich vorab und bei Bedarf immer wieder Respekt verschaffen. Erst wenn der Respekt und damit die Symetrie hergestellt ist, ist eine an der Sache orientierte Diskussion möglich.
  • Also: Keine Angst vor dem Schwanzlängenvergleich! Er hat sein Gutes.

Lesen Sie mehr zum Thema: „Wie verschaffe ich mir in einer Diskussion Respekt?“ bei der nächsten Lektion.

Bisher erschienen:

Gutmenschenlektion 2: Erkenne Narzissten

Gutmenschenlektion 1: Zerfleische dich nicht selbst!

Kategorie: Aktuelles, Kanzleikommunikation, Klartext schreiben, Strategie Stichworte: Rhetorik, Schwarze Rhetorik

Schwarze Rhetorik: Gutmenschenlektion 2: Erkenne Narzissten

11. November 2016 von Eva Engelken 1 Kommentar

Tough TalkSeit gestern läuft hier im Über-den Tellerrand-Blog die lockere Serie der „Gutmenschenlektionen in Schwarzer Rhetorik“. Hintergrund ist der nicht mehr aufzuhaltende Einzug Trumps ins Weiße Haus, der im Wahlkampf obszöne, vulgäre und beleidigende Sprache salonfähig gemacht hat. Der Grund für solche aggressive Kommunikation ist häufig beleidigter Narzissmus. Doch woran erkennt man Narzissten? 

Wie ticken Narzissten?

Narzissten schwanken zwischen Selbstüberschätzung, auch gesteigerte Selbstliebe genannt, und tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplexen. Also wollen sie grenzenlos bewundert werden. Und wenn sie sich schlecht fühlen, müssen sie zwanghaft andere niedermachen, um sich selber nicht gar so mickerig zu fühlen. Der Narzisst, der auch eine Narzisstin sein kann, ist eigentlich innen quasi hohl. Echtes Selbstwertgefühl oder gar Selbstliebe fehlt. Also muss die außen kommende Anerkennung wie eine stetige Vitamininfusion dafür sorgen, dass die narzisstische Person dieses Loch nicht spürt. Die Fassade der Anerkennung muss perfekt sein. Misslingt der Narzisstin etwas, sucht sie nach immer größeren Rechtfertigungsgründen, um ihr jedes noch so große Versagen zu rechtfertigen.

Zerstörer in Unternehmen und Politik

Ebenfalls hoch ist der Neid auf andere, die womöglich besser sind oder etwas besser können, weil sie der narzisstischen Person das Gefühl geben, mickrig zu sein, weshalb sie diese dann wieder niedermachen müssen. Ein Teufelskreis, bei dem keiner gewinnt. Bis zum bitteren Ende können Narzissten, wenn sie in den entsprechenden Positionen sind, allerdings viel Schaden anrichten. Sind sie Führungskraft in einem Unternehmen oder in der Politik, können sie eine ganze Zeit lang dafür sorgen, dass sie sich gut fühlen. Alle gleich guten oder besseren Kollegen und Kolleginnen ekeln sie über kurz oder lang weg, weil ihr in Wahrheit erbsengroßes Selbstbewusstsein fremde Größe als Angriff empfindet. Übrig bleiben nur noch Ja-Sager und grenzenlose Bewunderer. Letztere sind die Krücken, die das labile Selbstwertgefühl der Narzissten stützen. Dass solche Persönlichkeiten weder dem Unternehmen, noch dem Gemeinwohl nützen, liegt auf der Hand.

Woran erkennen Sie Narzissten?

Unter anderem können Sie narzisstische Persönlichkeiten an ihrer narzisstischen Rhetorik erkennen. Diese besteht naturgemäß aus aggressiver Abwehr und Diffamierung von Kritikern. Denn egal wie begründet die Kritik auch sein mag: für die narzisstische Person ist jede Kritik ein auf Leben und Tod abzuwehrender Angriff auf ihr erbsengroßes Ego. Diese aggressive Abwehr von Kritik kann eskalieren. Bzw. um Kritik von vornherein zu verhindern, neigen Narzissten dazu, vorbeugend alles wegzubeißen, was ihnen gefährlich werden könnte. Dabei sind sie nicht zimperlich, wie man an Donald Trump gesehen hat. Um von seinem eigenen Rentneralter und seiner eigenen gehässigen Art abzulenken, hat er Hillary Clinton ohne jegliches Zögern als alte „hag“, also als alte Hexe beschimpft. Sowas bleibt hängen.

Gemeinerweise ist die aggressive Rhetorik der Narzissten ansteckend. Andere Leute um sie herum fangen an, genauso zu reden, weil es ja offenbar in Ordnung ist und – wie man an Trumps Wahlsieg gesehen hat – sogar erfolgversprechend. Und ihre Rhetorik hinterlässt Flecken. Der SPIEGEL hat das gut mit seiner Titelgeschichte von Montag illustriert: Hillary Clinton und Donald Trump waren beide mit Schlamm befleckt. Wobei eigentlich Trump der Schlammwerfer war. Ich habe von Clinton keine vulgären Beleidigungen gehört oder gelesen. Doch an ihr blieb der Schlamm hängen. Leider zu viel, als dass sie der Mehrheit der Amerikaner noch wählbar erschien.

Lektion 2 gelernt?

Welche Lehre können wohlmeinende Diskutanten im Umgang mit Narzissten daraus ziehen?

  1. Überall, wo extrem aggressive Rhetorik zu hören ist beziehungsweise der Kommunikationsstil sehr aggressiv wird, könnten Narzissten (oder Psychopathen, dazu bald mehr) dahinterstecken.
  2. Narzissten sind vernünftigen Argumenten, geschweige denn Kritik, nicht zugänglich, denn jede Kritik ist ein massiver Angriff auf ihr erbsengroßes Selbst.
  3. Der Glaube vieler Gutmenschen, man müsse die Welt nur aufklären und immer noch bessere Argumente liefern, dann würde alles gut, ist hier ein frommer Glaube, weil Narzissten nicht aufgeklärt werden wollen.

Wie man mit ihnen umgeht, erfahren Sie in einer der nächsten Folgen.

Lesetipp: Tough Talk

„Tough Talk: Die Die rhetorischen Spielregeln zum Überleben im Haifischbecken“ von Marc-Stefan Daniel, Wiley Verlag, September 2016.

 

Nachtrag:

Gerade meldet die Zeit, Trump setze nicht auf Erfahrung, sondern auf bedingungslose Loyalität. Na, ist da wohl ein Narzisst am Werk?: http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-11/donald-trump-kabinett-regierung

Kategorie: Kanzleikommunikation, Kommunikationstipps, Rezension Stichworte: Aggression, Kommunikationsstil, Rhetorik, Schwarze Rhet, Trump

Schwarze Rhetorik: Gutmenschenlektion 1: zerfleische nicht dich, sondern den Feind!

10. November 2016 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Mit dem vermutlich nicht mehr aufzuhaltenden Einzug Trumps ins Weiße Haus könnten sich die Anhänger vulgärer beleidigender Sprache auch hierzulande ermutigt fühlen, fortan ungebremst aufzutrumpen. Zeit für ein paar Lektionen in Schwarzer Rhetorik. Heute zum Thema Selbstzerfleischung.

Als moralisch rechtschaffener Mensch, um mal so richtig altehrwürdig klingende Begriffe zu benutzen, meint man es gut. Und wenn das Gute in der Welt will, beginnt man gerne damit, niemanden ausgrenzen zu wollen. Ausgegrenzt werden sollen weder die Schwulen, obwohl die sich meistens ganz gut zu helfen wissen, noch die Lesben, noch die Alten oder Behinderten und – war da was? – ach ja, die Frauen, zu denen man mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 50 % selber gehört.

Bloß niemanden ausgrenzen um den Preis der Selbstaufgabe

Nicht ausgrenzen wollen ist ein hehres Ziel, doch schon beim allerersten Versuch, alle unter einer knackigen Aussage zu vereinen, geht’s in die Hose. Gesetzt den Fall, man wollte alle Demokratiebekenner unter der Flagge „Solidarität, Freiheit und Feminismus“ in ein Boot holen, erleidet man zwangsläufig Schiffbruch. Denn sofort brechen auf kippeligen Böötchen heftige Diskussionen aus.

Gestern, am schwarzen Mittwoch, dem 9. November, Judenprogrom, Tag des Mauerfalls 1989 und Wahl Trumps 2016, diskutierte ich auf Facebook und verwendete das Wort „feministisch“. Sogleich wurde mir von Frauen entgegengehalten, das Wort FEMINISMUS grenze Männer aus, es sei daher zu einseitig in seiner Motivation und deshalb nicht guten Gewissens einsatzfähig.

Ich ließ mich dann darauf ein, das Wort Feminismus durch Gleichberechtigung zu ersetzen, wohl wissend, dass ich eigentlich in meinem Herzen Feminismus meinte. Ich war mir nämlich relativ sicher, dass es bei der US-Wahl ganz besonders um das Thema Frau gegen Mann gegangen war. Und dass eine weit verbreitete Vorstellung Hillary den Wahlsieg gekostet hatte. Nämlich, dass Frauen an den Herd und nicht ins Oval Office gehörten (höchstens als schwanzlutschende Praktikantin oder als First Lady, aber nicht als Präsidentin). Sei es drum: ich ersetze das Wort Feminismus durch Gleichberechtigung.

Und die Lektion? Die Diskussion kostete Zeit. In der Zeit, wo wir über die Frage diskutierten, ob man einen ausgrenzenden Begriff nicht nur einen weniger ausgrenzenden (aber vielleicht auch beliebigeren Begriff) ersetzen solle, hätte Trump schon 20 mal sagen können: „Hillary, ab in den Knast!“. Was er in den letzten Wochen und Monaten ja auch getan hat.

Und der Bezug zur deutschen öffentlichen Debatte? In der Zeit, wo europäische, gut meinende Frauen und Männer darüber debattieren, ob das Schlagwort Feminismus vielleicht jemanden ausgrenzt, pöbeln AfD und und anere Populisten weiter. Ungebremst von den Demokratiebekennern, die sie daran nicht hindern können, weil sie ja gerade um Ausgrenzung debattieren. Falsche Allokation von Ressourcen nennt man das in der Wirtschaft. Oder schlechte Aufstellung der Truppen im Militär.

Lektion 1 gelernt ?

Zerfleische dich nicht selbst, sondern konzentriere deine Kräfte darauf, dem Feind das Maul zu stopfen.

Kategorie: Aktuelles, Kanzleikommunikation, Kommunikationstipps Stichworte: Clinton, Rhetorik, Schwarze Rhetorik, Trump

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