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Aktuelle Seite: Startseite / Archiv für Schwarze Rhetorik

Sprachwehr für Medien und Politik: So entkräftet man die Lügen der Abtreibungsgegner

19. Oktober 2018 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Protestfoto gegen das Urteil wg. § 219a StGBEs ist Zeit für Medien und Politik, sich Begriffe wie Lebensschutz von frauenfeindlichen Abtreibungsgegnern zurückzuerobern. Lebensschutz ist ein Menschenrecht von Frauen und Männern: Nämlich die freie Entscheidung zu Elternschaft, das Recht über die Anzahl und den Zeitpunkt der Geburt der Kinder zu entscheiden und die dafür nötigen Informationen, Kenntnisse und Mittel zu erhalten.

Ich trage selten Hut, aber wenn ich das Geschrei der selbsternannten Lebensschützer höre, platzt mir die sprichwörtliche Hutschnur. Diese Herrschaften lügen dreist, wenn sie behaupten, Abtreibungsverbote wären notwendig, um „Leben zu schützen“ oder das gestern im Bundestag debattierte „Werbeverbot“ für Abtreibungen in § 219a StGB diene dazu, Leben zu schützen.

Gesetze wie der § 219a StGB dienen nicht dem Lebensschutz, sondern dazu, Lebensrechte einzuschränken

Man möchte rufen: „Lüge, Lüge, Lüge!“ Denn in Wahrheit geht es den Abtreibungsgegnern und den Gegnern von § 219a StGB darum, Frauenrechte einzuschränken. Um Leben zu schützen, gäbe es erheblich wirkungsvollere Mittel als Strafgesetze. Das wissen die Gegner genau. Bei anderen Themen schimpfen sie auf den „Verbotsstaat“, aber bei den reproduktiven Rechten der Frau passen ihnen Verbote in den Kram.

Warum? Weil es ihnen eigentlich vielmehr darum geht, ihre Herrschaft über die Frau zu reinstallieren. Im Fall der AfD & Co sogar heftiger: Sie wollen eine rassistische Wahnwelt verwirklichen. Eine Welt, in der deutsche, mit dem Mutterkreuz prämierte Frauen, wie Zuchtkühe Horden deutscher Kinder gebären. Durch die „Gebärmutter der deutschen Frau“ soll der jüngst wieder von Gauland herbeifantasierte „Bevölkerungsaustausch“ verhindert werden. Diesen Schmarrn muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!

Es ist höchste Zeit, sich die Begriffe von den Frauenfeinden zurückzuerobern

Leider reicht im Herbst 2018 ein Kopfschütteln über diese Spinner nicht mehr aus. Tun ist gefragt. Wir alle, die wir schreiben und per Radio oder Bewegtbild Nachrichten und Meinungen in die Welt entlassen, sollten von den rassistischen Frauenfeinden unsere Sprache zurückholen.

Lebensschutz heißt notwendigerweise Frauenschutz

Dazu gehört als erstes der Begriff Lebensschutz. Lebensschutz im Zusammenhang mit Schwangerschaft muss notwendigerweise immer auch Frauenschutz sein. Frau und ungeborenes Kind sind eine Einheit. Selbst das Bundesverfassungsgericht spricht von „Zweiheit in Einheit“.

Werden Sie nicht müde, darauf hinzuweisen, dass Frauen und Männern reproduktive Rechte zustehen

Frauen und Männer haben das Recht auf reproduktive Rechte und Gesundheit. Echter Lebensschutz wahrt diese Rechte.

Definition der Böll-Stiftung von reproduktiven Rechten:

Reproduktive Rechte und Gesundheit beschreiben das Recht eine*r jede*n Einzelnen, selbstbestimmt und frei über den eigenen Körper und die eigene Sexualität zu entscheiden. Dies bedeutet vor allem die freie Entscheidung zu Elternschaft, das Recht über die Anzahl und den Zeitpunkt der Geburt der Kinder zu entscheiden, sowie über die dafür nötigen Informationen, Kenntnisse und Mittel zu verfügen.

Diese als Menschenrechte verstandenen Rechte sind für Frauen* und Mädchen* besonders wichtig. Jede Frau* und jedes Mädchen* hat das Recht, selbst zu entscheiden, ob, wann und in welchen Abständen sie schwanger werden will. Sowohl erzwungene Schwangerschaftsabbrüche als auch das Verbot von Abtreibungen verletzen dieses Recht.

Quelle: Böll-Stiftung

Nehmen Sie den Hetzern den Begriff vom Lebensschutz weg und geben sie ihn Frauen

Formulierungsbeispiel

Sagen Sie: „Die für Frauen- und Lebensschutz kämpfende Politikerin XY fordert eine unverzügliche Abschaffung des die reproduktiven Rechte einschränkenden Werbeverbots in § 219a StGB.“

Tappen Sie nicht in die Framing-Falle von der „Kindstötung“

Fatal ist es, den Frauenrechtsgegnern den Begriff von der „Kindstötung“ nachzubeten. Dieser Begriff aktiviert die entsetzliche Vorstellung (= Frame)  von einem Kind, das von seiner Mutter getötet wird. Doch das entspricht nicht der realen Situation. Die Entscheidung für eine Abtreibung trifft eine Frau, die eine befruchtete Eizelle in sich trägt, sich aber in der Notlage befindet, sich gegen eine Schwangerschaft entscheiden zu müssen.

  • Womöglich hat sie schon ein oder mehrere Kinder zu versorgen, sodass ein weiteres Kind, wenn es zur Welt käme, vernachlässigt werden würde.
  • Umgekehrt könnte das weitere Kind sie dazu bringen, die schon vorhandenen Kinder zu vernachlässigen.
  • Es könnte sein, dass sie gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, das Kind auszutragen, ohne ihre Gesundheit unzumutbar zu gefährden.
  • Vielleicht ist sie auch nur einfach, was schlimm genug wäre, durch ein weiteres Kind von Armut bedroht.
  • Vielleicht gibt es keinen Partner
  • Oder oder oder….

Es kann viele Gründe geben, warum sich eine Frau gegen ein noch zu gebärendes Kind entscheidet. Diese elementare Entscheidungssituation sollten Sie sprachlich nicht ausklammern.

Sprechen Sie statt vom Schwangerschaftsabbruch lieber von der „Entscheidung gegen eine Schwangerschaft“

Vermeiden Sie es, vom Schwangerschaftsabbruch zu sprechen. Sprechen Sie statt von einem Schwangerschaftsabbruch oder einer Abtreibung immer von einer „Entscheidung gegen eine Schwangerschaft“. Damit rücken Sie die Frau nicht in die Nähe einer Mörderin, wie es die frauenfeindlichen Gaulands & fundamentalistischen Christen gerne hätten. Stattdessen lassen Sie die Hoheit bei der Frau, die ihre reproduktiven Rechte wahrnimmt.

Reden Sie nicht vom ungeborenen Kind, sondern von der Leibesfrucht und der Zweiheit in Einheit

Gehen Sie noch weiter. Benutzen Sie im rund um das Thema Abtreibung möglichst nicht die Bezeichnung Kind. Verwenden Sie den juristischen Begriff von der Leibesfrucht. Oder den lateinischen Begriff vom Nasciturus (= das noch zu Gebärende).

Beide Begriffe tragen auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung. Dieses hat in Bezug auf das ungeborene Kind oder den Embryo oder Fötus den Begriff geprägt von der „Zweiheit in Einheit“. Dieser Begriff trägt der – auch von Juristen angerkannten – Tatsache Rechnung, dass sich das Wunder Mensch erst nach und nach im Bauch einer Frau entfaltet.

Titulieren Sie „Lebensschützer“ als das, was sie sind: Frauenrechtsgegner

Hören Sie auf, den fanatischen Rassisten, Biologisten und Mutterkreuzlern den Ehrentitel Lebensschützer zu geben. Der impliziert, dass sie tatsächlich „Leben schützen“ würden. Doch das tun sie sie nicht, im Gegenteil.

Abtreibungsverbote führen rund um den Erdball dazu, dass Frauen an medizinisch katastrophalen Abtreibungen sterben oder unsäglich grausame Verletzungen erleiden.

Hinzu kommen die Verletzungen, die Frauen aufgrund von medizinisch schlecht begleiteten Geburten erleiden. Oder Krankheiten, die sie bekommen, weil sie unkontrolliert viele Kinder gebären. Denken Sie auch daran, dass die nicht vorhandene Geburtenkontrolle zu einer irrwitzigen Bevölkerungsexplosion in Afrika und anderen Erdteilen führt. Bevölkerungszuwachs ist eine Hauptursache für Hungernöte und entsprechend eine 1A-Fluchtursache.

Schwadronieren Sie nicht von der „Kultur des Todes“, sondern präzisieren Sie, dass Abtreibungsgegner eine „Kultur des Frauenhasses“ fördern, und dass eine „Kultur des Lebens“ demgegenüber Frauen umfassende reproduktive Rechte einräumen würde

Noch so ein Begriff, den honorige Wissenschaftler, Juristen, christliche Fundamentalisten und wer sich noch alles im schmutzigen Dunstkreis der Abtreibungsgegner herumdrückt, benutzen: Die Kultur des Todes. Was sie meinen, ist klar. Sie meinen, dass erlaubte Abtreibungen den Tod kultivieren, weil der Nasciturus bei einer Abtreibung getötet wird.

Scheinheilig, wie sie sind, klammern sie aus, dass unerwünschte oder selbst geplante Schwangerschaften das Leben der schwangeren Frauen in Gefahr bringen können. Und zwar umso mehr, je stärker die reproduktiven Rechte der Frau eingedämmt werden. Stellen Sie dem Begriff die Kultur des Lebens entgegen. Anders gesagt: Eine „Kultur des Lebens“ gesteht Frauen umfassende Rechte zu: das Recht, über ihre Familienplanung entscheiden zu können und so weiter.

Fortsetzung folgt. Demnächst in diesem Blog

Kategorie: Aktuelles, Kommunikationstipps, Politik, Recht Stichworte: Framing, Frauenrechte, Kommunikation, Presse, Rhetorik, Schwarze Rhetorik

Framing II: Wie ARD und ZDF den Rassismus in die erste Reihe gesetzt haben

18. Juni 2018 von Eva Engelken 11 Kommentare

Für alle, die sich wundern, warum die Grünen-Politikerin Claudia Roth zum ersten Deutschlandspiel der Fußball-WM 2018 die Fans gemahnt hat: „Feiern ja, Nationalismus nein“, ist hier eine Erklärung: Die öffentliche Meinung ist geprägt durch die Angst- und Hassgeschichten, die gewisse Parteien und interessierte Kreise seit rund zweieinhalb Jahren verbreitet haben wollen.

Ein entscheidender Mithelfer bei der Verbreitung ist der von unseren Gebühren finanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk. Eigentlich sollte er die Bevölkerung aufklären und so die Demokratie stärken, tatsächlich aber hat er die öffentliche Meinung manipuliert, indem er die Frames rechter Parteien wie ein gigantischer Hammer in die Köpfe der Leute gehämmert hat. Carolin Emke kritisierte kürzlich in der Süddeutschen Zeitung die Verantwortungslosigkeit des Rundfunks.

Wie die Grafik zeigt, haben ARD und ZDF seit Januar 2015 in 73 Prozent ihrer Talkshows die Flüchtlinge und alles rund um Integration zum Thema gemacht. Der Twitterer Papaleaks twitterte am 6. Juni seine Zählung (Grafik).

Ich hab mir dann mal die Mühe gemacht: darüber diskutierten seit 1. Januar 2015 @annewill, @maischberger, @hartaberfair und @maybritillner. Themen mit weniger als 2 Sendungen hab ich ausgeblendet. pic.twitter.com/yQRlnvNgtH

— Alex (@Papaleaks) 6. Juni 2018

Grafikadresse: https://t.co/ibtyISD9mA

Warum bringt es der AfD Stimmen, wenn ARD und ZDF über Flüchtlinge talken?

Die Talkshows bringen der AfD Stimmen, weil kurz gesagt jede Erwähnung der Flüchtlinge und der damit zusammenhängenden angstbesetzten Themen mächtige Frames aufruft, die die AfD als Retter erscheinen lassen. Das wirkt umso besser, wenn Mitglieder dieser Partei auch noch persönlich anwesend sind.

Um das verstehen, muss man sich die Wirkung von Frames angucken. Wie ticken wir und wie beeinflussen Frames unsere Vorstellungen und damit unser Handeln?

Unser Handeln wird durch unbewusste Vorurteile beeinflusst

Anders als man es sich gerne wünscht, handeln wir nicht ständig bewusst und planvoll. Täten wir es, kämen wir bis abends nicht aus dem Bett heraus. Vielmehr handeln wir praktischerweise die meiste Zeit automatisiert, denn so müssen wir nicht jedes Mal nachdenken, wenn wir uns die Nase putzen. Wir richten wir uns nach einer Vielzahl mehr oder weniger bewusster Vorstellungen, Erfahrungen und Vorurteile, sogenannte Unconscious Bias. Man könnte sagen, wir sortieren die Welt um uns herum in Schubladen ein, um schneller und ökonomischer zu handeln.

Der schnelle Weg, jemanden zu einem Handeln zu bringen: Angst erzeugen

Diese Schubladen voller Vorstellungen, Erfahrungen und Vorurteile muss man öffnen, wenn man unser Verhalten beeinflussen will. Wer unser Verhalten beeinflussen will, muss genau zwei Hebel bewegen:

Er muss

a) aus all unseren Vorstellungen diejenigen wachrufen, die zu dem gewünschten Verhalten passen und

b) uns ein Motiv geben, unser Verhalten tatsächlich zu ändern.

Bedürfnishierarchie: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral

Dazu muss man betrachten, warum Menschen handeln. Sie tun es, um Bedürfnisse zu befriedigen. Diese sind bekanntermaßen hierarchisch geordnet: Unsere Grundbedürfnisse nach Essen, Trinken und einem sicheren Schlafplatz wiegen im Zweifelsfall mehr als unsere Bedürfnisse der Gemeinschaft zu dienen oder alle Gesetze einzuhalten. Wie schon Bert Brecht sagte: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“.

Je grundlegender oder existenzieller die Bedürfnisse sind, desto tiefer sitzt die Angst, sie nicht erfüllt zu bekommen. Entsprechend stark motiviert uns die Angst, etwas gegen die Bedrohung zu unternehmen.

Manipulationsrezept: Eine Bedrohung behaupten und einen Angreifer benennen

Daraus ergibt sich ein simples Rezept, um Menschen zum Handeln zu veranlassen:

  1. Wecke in ihnen die Vorstellung, dass ein möglichst elementares Gut bedroht sei.
  2. Zeige ihnen den bösen Angreifer und fordere sie auf, ihn zu bekämpfen.

Der Griff, um die gewünschte Schublade aufzuziehen, ist das Framing. Wie erläutert, aktiviert jedes Wort, das wir hören, in unserem Kopf bestimmte Frames, also eine Bedeutung über seinen Wortlaut hinaus. Wir verbinden mit dem Wort unsere körperlichen Erfahrungen und unser abgespeichertes Wissen über die Welt.

Wörter aktivieren Frames, also abgespeichertes Wissen über die Welt

Wollen wir in Menschen zum Beispiel das Gefühl von Spaß am Reisen auslösen, müssen wir nur Wörter verwenden, die mit entsprechenden Vorstellungen verknüpft sind.

Gehen Sie auf eine beliebige Tourismus-Website und Sie finden Begriffskombinationen wie „Lust am Leben“ oder „Geschmack der Kindheit“ und Sie sehen Bilder, die essende Familien mit Kindern und glitzerndes Wasser mit grünen Ufern zeigen. Storytelling ist nichts anderes als erweitertes Framing.

Die richtigen Wörter aktivieren die Vorstellung von Belohnung oder Gefahr

Wollen wir umgekehrt in den Menschen Angst erwecken, müssen wir ihnen Wörter nennen, die die Vorstellung einer Bedrohung auslösen. Wollen wir die Menschen dazu bringen, gegen die Bedrohung vorzugehen, müssen wir ihnen den Angreifer nennen. Oder ihnen anbieten, als gewählte Partei dafür zu sorgen, dass der Angreifer verschwindet.

Die AfD macht nach diesem simplen Bauplan Politik. Sie und ihre Vordenker haben in den Köpfen ihrer Wähler erfolgreich die Vorstellung erzeugt, dass Deutschland bedroht sei. Ja sogar noch konkreter: „Die Deutschen sterben aus.“

Statt Lust am Leben Angst vorm Aussterben oder der Überflutung

Auszusterben ist die umfassendste Bedrohung für das eigene Leben, die man sich vorstellen kann. Man stirbt nicht nur selber, was ja sowieso irgendwann dran ist, auch die Nachkommen haben in diesem Bedrohungsszenario keine Chance mehr.

Als Angreifer, die für diese vorgestellte Misere verantwortlich sind, nennt die AfD die Flüchtlinge, die in ihrem Framing seit 2015 als FlüchtlingsSTROM das Land überschwemmen. Organisationsverantwortliche ist Angela Merkel, die die Schleusen für den Strom geöffnet und damit Deutschland verraten hat. Unterstützer sind die als Lügenpresse geschmähten Medien und die als Gutmenschen diffamierten Menschen, die den Flüchtlingen helfen.

Mit solchen Bedrohungsszenarios zu arbeiten, ist nicht neu. Die geistigen Vorgänger der AfD, Hitler, sein Propagandaminister Josef Goebbels & Co beschworen seit 1925 das Bild vom bedrohten Deutschen, dem mangels Land der Hungertod drohte. Als zu bekämpfenden Angreifer etablierten sie „den Juden“.

Medien hämmern die Frames in die Köpfe der Leute. Immer und immer wieder

Damit ein solches Framing tatsächlich Wirkung entfaltet, muss noch ein wichtiger Faktor dazu kommen: Die Frames von der Bedrohung, dem Angreifer und den Unterstützern, die es zu bekämpfen gilt, müssen weiträumig und immer wieder und wieder in die Köpfe der Leute einsickern.

Ein positiver Frame würde Einreisende als Bereicherung vorstellbar machen

Wenn die Angstframes nicht verbreitet werden, können sich gegenteilige Frames Bahn brechen. Also Frames, die Gewinn versprechen oder etwas anderes Gewünschtes als Belohnung für das Handeln in Aussicht stellen.

Zum Beispiel die Vorstellung, dass Deutschland nicht ausstirbt, sondern im Gegenteil wächst und floriert, wenn Menschen herziehen. Oder die Vorstellung, dass es Deutsche und Deutschland noch reicher macht, wenn einreisende Menschen ihren Wissens- und Erfahrungsschatz und ihre Arbeitskraft, ihr Humankapital, einbringen. Das wäre dann ein Belohnungsframe. Die Aufforderung würde lauten: „Nehmt alle Anstrengungen auf euch, um den Ankömmlingen hier zu helfen, denn sie bereichern euer Leben und helfen obendrein, euern Reichtum und eure Rente zu sichern.“

An solchen positiven Vorstellungen hat eine Partei wie die AfD aber kein Interesse. Ihr Interesse ist es, dass ihre Angstframes ständig in der Öffentlichkeit präsent sind, denn nur so kann sie sich als Retterin gegen die behauptete Bedrohung präsentieren und so Menschen dazu bringen, sie in die Parlamente zu wählen.

Jedes Medium, das ihr den Gefallen tut, ihren Bedrohungsframe zu erwähnen, spielt ihr in die Hände. Fünf Sendungen über Flüchtlinge sind fünf Werbesendungen für die AfD. Fünf Headlines über Alexander Gauland aktivieren die von der AfD gewünschten Angstframes und führen ihr WählerInnen zu.

Aber Medien berichten doch auch kritisch über das „Flüchtlingsthema“

Wie schon im anderen Beitrag dargestellt, macht es einen Frame nicht wirkungslos, ihn zu negieren oder zu kritisieren. Jede Nennung des frameauslösenden Wortes aktiviert die damit verbundene Vorstellung.

Zudem ist das angstauslösende Framing rund um das „Flüchtlingsthema“ inzwischen so breit besetzt, dass es schon reicht, von der Flüchtlingsproblematik zu sprechen, und schon werden in den Köpfen der HörerInnen alle damit verknüpften Angstframes aktiviert.

Dabei, die Angstframes in so vielfältiger Form zu verbreiten, haben die öffentlich-rechtlichen Medien an vorderster Front mitgemischt. Sie saßen sozusagen in der ersten Reihe, wenn es darum ging, die AfD-Angst- und Hassgeschichten zu verbreiten. Umgekehrt haben sie sich bedeckt gehalten, wenn es darum ging, ein alternatives Framing zu verbreiten.

Angstframes verbreiten in drei Schritten

  • Schritt eins: Ein Bedrohungsszenario entwickeln
  • Schritt zwei: Wirkungsvolle Frames finden, die dieses Bedrohungsszenario begreifbar machen, z.B. „Flut“, „Aussterben“ etc.
  • Schritt drei: Die Frames den Leuten in die Köpfe hämmern – über die Medien

Wie die Grafik oben zeigt, haben sich ARD und ZDF mit ihren Talkshows & Co bewusst oder grob fahrlässig zum Erfüllungsgehilfen der AfD machen lassen. Immer und immer wieder haben sie in unterschiedlichen Variationen das Framing rund um die böseen Flüchtlinge und die AfD als Retter aktiviert.

Positive Frames etablieren in drei Schritten

Um Frames zu entkräften, reicht es nicht, sie zu negieren, also zu sagen: „Nein, wir Deutschen sterben doch gar nicht aus“, sondern man muss wirkungsvolle Alternativframes aktivieren. Und man müsste sofort aufhören, die gegenteiligen Frames zu aktivieren. Gefordert sindd hier Politiker anderer Parteien und sämtliche Medien unseres Landes. Mitwirken können aber auch wir alle, die wir lesen, chatten, bloggen oder reden.

Was jedem Reiseprospekt gelingt, nämlich das Fremde in der Vorstellung der Leute mit Exotik, Spaß, Gastfreundschaft, Bereicherung etc. in Verbindung zu bringen, könnten Medien ohne weiteres auch in Bezug auf die unser Land betretenden Menschen aus anderen Ländern tun. Sie müssten dabei nicht mal verschweigen, dass das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Verhaltensweisen zu Konflikten führt und man vielleicht unterschiedliche Sprachen spricht.

Schritt eins: Ein Belohnungsszenario entwerfen und benennen

Schritt zwei: Passende Frames finden:

Einreisende als Bereicherung, Gewinn für unser Land etc. begreifbar machen. Uns selber als gute und kompetente Zuwanderungsmanager bezeichnen. Etc. Eben Storytelling at its best

Schritt drei: Positive Frames in die Köpfe der Leute hämmern – über die Medien

Um die angstauslösenden Frames zu entkräften, die zu einer Verbreitung von Angst und Rassismus und zu Wahlsiegen der AfD geführt haben, müssten alle Medien etwas ganz Revolutionäre tun:

Einfach über die AfD und ihre Themen und ihre Provokationen NICHT MEHR BERICHTEN.

Wenn über die entsprechenden Themen berichtet werden muss, dann ohne Erwähnung der besagten Partei. Und mit positivem Framing.

Also, bittesehr, ARD und ZDF. Sie wissen, über wen Sie ab sofort nichts mehr berichten, oder?

Danke!

 +++Ergänzung: Die von Politik und Medien geschürte Angst steht im Gegensatz zur tatsächlichen Sicherheit, schreibt Der Stern am Weltflüchtlingstag: „Die barbarischen Morde, begangen von Flüchtlingen, können wie Anzeichen einer dramatisch gestiegenen Gefahr aussehen. Doch das Gegenteil trifft zu: Vor gut fünf Jahren begann der große Flüchtlingszustrom nach Deutschland. Seitdem ist die Zahl der Straftaten nicht gestiegen, sondern deutlich zurückgegangen.“  +++

+++Ergänzung 2: Die Nachdenkseiten erläutern in einem spannenden Beitrag, wie die Medienberichterstattung von interessierten Kreisen manipuliert wird: „Stellen Sie sich vor, Sie sind ein superreicher Mensch oder ein gewissenloser NATO-Generalsekretär oder der Koordinator der westlichen Rüstungswirtschaft oder ein Manager des DeepState. Eine Begrenzung der finanziellen Mittel gibt es für Sie de facto nicht. Eine ethische Sicht auch nicht. Dann ist doch klar, was Sie sich ausdenken und das entspricht ziemlich dem, was wir de facto heute erleben: […] Sie machen Propaganda und beeinflussen so die veröffentlichte Meinung und die öffentliche Meinung und bestimmen damit bei den politischen Entscheidungen mit. […] Propaganda gelingt dann besonders gut, wenn man sich einzelne Medien dienstbar macht.“ +++

+++Ergänzung 3: Die Rheinische Post weist auf das Auseinanderklaffen von Wahrnehmung und Realität hin und verweist auf Zahlen des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge:  

„68,5 Millionen Menschen waren im Jahr 2017 weltweit auf der Flucht. In Europa erwecken Populisten den Eindruck, die westlichen Länder nähmen sich der vielen Vertriebenen an. Doch unter den zehn Ländern, die die meisten Flüchtlinge aufnahmen, taucht nur ein westliches Land auf.“ (Deutschland mit rd. 970.400 Flüchtlingen, die derzeit hier leben).+++

Kategorie: Aktuelles, Kommunikationstipps, Strategie Stichworte: Framing, Kommunikation, Linguistik, Politik, Rhetorik, Schwarze Rhetorik, Sprache, Storytelling

Schwarze Rhetorik: Gutmenschenlektion 4: Gib Hatespeech keine Chance

17. November 2016 von Eva Engelken Kommentar verfassen

einfaches_weltbildSeit einer Woche (wir erinnern uns: gelbhaariger Mann entscheidet Alptrumpwahl für sich) läuft hier die lockere Serie der „Gutmenschenlektionen in Schwarzer Rhetorik“, um die zum Sprung ansetzenden Populisten wenigstens sprachlich auszubremsen. Heute zum Thema „Hate Speech“. Meine Kollegin Christa Goede hat dazu fulminant gebloggt: „Hate speech – es kann jeden treffen“

6 Methoden gegen Hass im Netz

Hier Christas fünf mögliche Methoden kurz erläutert:

  1. Ignorieren
  2. Moderieren
  3. Mit Ironie reagieren
  4. Deeskalieren
  5. Gruppen bilden

Hinzu kommt die sechste Methode: Plattformbetreiber oder Polizei einschalten

1. Ignorieren? Überlässt Trollen die Bühne

Hasskommentare können sich totlaufen, wenn niemand sie beachtet. Das Problem ist nur: Im Internet bleiben Hasskommentare lange auffindbar. Außerdem können sie den falschen Eindruck erwecken, dass das, was Trolle und Hater da von sich gegeben haben, der Mehrheitsmeinung entspräche. Das ist aber nicht der Fall, wie die Website „No Hate-Speech  bestätigt. Laut einer von ihr genannten kanadischen Studie sind nur 5,6% der befragten User*innen als Hater*innen einzustufen. Der große Rest – 94,4% – ist, so die Studie, für Hass im Netz nicht zu haben. Das heißt im Ergebnis: Das Ignorieren von Hasskommentaren im Netz ist fatal, besser ist es, Farbe zu bekennen und dagegen anzugehen.

2. Wenn man die Macht hat: Trolle wegmoderieren

Moderieren erklärt Christa als „Beleidigungen, Off-Topic oder destruktives Debattenverhalten werden abgemahnt und gelöscht.“ Eine solche Moderation kann eine konstruktive Debatte ermöglichen, erfordert aber Zeit und Einsatz. Ist man nicht selber EigentümerIn oder ModeratorIn der betreffenden Facebookseite oder Zeitungsseite, kommt diese Methode leider nicht zum Einsatz.

3. Ironie ist super, nur: Diktatoren mögen sie nicht

Mit Ironie zu reagieren, entlarvt, so Christa Goede, die „Absurdität einiger „Argumente““. Der Satirewebsite „Der Postillon“ macht das seit Jahren mit großem Erfolg. Der Nachteil sei, so Christa Goede, dass sich die „Fronten verhärten, da Dialoge so oft nicht mehr möglich seien.“

Da ist was dran. Diktatoren lieben keinen Humor, wie man an dem Streit türkischer Staatspräsident Erdogan contra Fernsehkomiker Böhmermann gesehen hat. Im Frühjahr 2015 haben islamistische Terroristen die Mohamed-Karikaturen der französischen Satirezeitschrift CharlieHebdo zum Anlass oder zum Vorwand genommen, die Redaktion zu stürmen und Redakteure zu ermorden. Was beiden Fällen gemeinsam war: die Personen, die mittels Ironie lächerlich gemacht wurden, konnten nicht darüber lachen, sondern wurden erst recht wütend. Ironie und Humor ist oft nur therapeutisch für die Person, die sie anwendet, nach dem Motto von Wilhelm Busch „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“.

4. Deeskalation erfordert mentale Stärke

Auf Hatespeech mit Deeskalation zu reagieren, bedeutet, so Christa  Goede, zu „hinterfragen, vermitteln oder auch eine Diskussion kontrolliert verlassen“. Das erfordere allerdings starke Nerven, und „jede Menge mentale Stärke“.

Bei mir persönlich hängt es stark von der Tagesform ab, ob ich bereit mich, mich im Internet oder in der Wirklichkeit der Konfrontation mit Trollen oder Hetzern zu stellen. Im Internet ist es, wie schon gesagt, in jedem Fall hilfreich, wenn man überhaupt Präsenz zeigt. Stehen unter einem Artikel lauter ausländerfeindliche Kommentare, erzeugt das in der Öffentlichkeit oder bei der Redaktion nun mal den Eindruck, die Mehrheit der LeserInnen sei ausländerfeinlich. Dabei haben die ausländerfreundlichen oder differenziert denkenden LeserInnen es nur nicht für nötig gehalten, ihre „Pro“-Meinung der „Contra“-Meinung entgegen zu setzen. Um das wirkungsvoll zu tun, hilft die fünfte Strategie:

explain
Quelle: https://no-hate-speech.de/de/kontern/

Sammlung witziger Icons, die man Hatern beliebig entgegenschleudern kann: https://no-hate-speech.de/de/kontern/

5. Gruppen bilden

Gruppen zu bilden, ist sehr wirkungsvoll, um Hatern entgegen zu treten. Aber es bedeutet für die vernünftigen, jedoch manchmal etwas trägen Gutmenschen ‚raus aus der Kuschelecke!‘ Farbe bekennen für das, was einem wertvoll ist: Menschenrechte, Respekt, Wertschätzung, Demokratie und Solidarität. Nicht nur mitlesen, auch mal einen Kommentar schreiben! Wenn andere dann „liken“, schwupps, hat sich temporär eine Gruppe gebildet. Gezielt kann man Gruppen bilden, wenn man ein bestimmtes Anliegen verfolgt.

6. Hasskommentare melden

Neben den fünf genannten Strategien gibt es in den sozialen Netzwerken die Möglichkeit, Hater beim Betreiber der Plattform anzuzeigen. Das ist – meiner Erfahrung nach – zumindest bei Facebook nur manchmal von Erfolg gekrönt. Facebook entfernt nämlich beispielsweise nackte Brüste, lässt explizite Vergewaltigungsszenen aber stehen, Argument: Die weitgehend bekleideten Akteure verstoßen nicht gegen das „Nackheitsverbot“ von Facebook!

Strafanzeigen wegen Volksverhetzung, Beleidigung, Verleumdung, übler Nachrede und ergänzend Benutzung verbotener Symbole gemäß § 86 StGB können zu Ermittlungen im wirklichen Leben führen. Im Februar 2016 untersagte das Landgericht Hamburg einem Facebook-Nutzer Hasskommentare gegen die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali.

Zusammenfassung Lektion 4

  • Es gibt keinen Königsweg gegen Hate Speech, aber Hauptsache man tut was

Weiter lesen bei

  • Christa Goede: https://www.christagoede.de/hate-speech-es-kann-jeden-treffen/
  • Oder No Hate-Speech:  https://no-hate-speech.de/de/

Bisher hier erschienen:

Gutmenschenlektion 3: Kein Angst vorm Schwanzlängenvergleich

Gutmenschenlektion 2: Erkenne Narzissten

Gutmenschenlektion 1: Zerfleische dich nicht selbst!

 

Kategorie: Aktuelles, Klartext schreiben, Kommunikationstipps Stichworte: Hatespeech, Internet, Schwarze Rhetorik

Schwarze Rhetorik: Gutmenschenlektion 3: Keine Angst vor dem Schwanzlängenvergleich!

16. November 2016 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Klartext für Anwälte by Eva EngelkenSeit dem Wahlsieg von Trump läuft hier die lockere Serie der „Gutmenschenlektionen in Schwarzer Rhetorik“. Denn so traurig es ist: Mit edlen Manieren alleine sieht man gegenüber Stänkerern alt aus. Auch zur heutigen Lektion passt das Buch „Tough Talk: Die Die rhetorischen Spielregeln zum Überleben im Haifischbecken“ von Marc-Stefan Daniel, Wiley Verlag 2016.

Ich persönlich bin seit vielen Jahren Mitglied in einem fantastischen, in allen Lebens- und Berufsbereichen extrem hilfreichen Netzwerk, auch Texttreff genannt. Die Mitglieder pflegen einen sehr wertschätzenden Umgangston. Streit kommt wie überall vor, aber Stinkstiefel, deren Hauptanliegen es ist, schlechte Luft zu verbreiten, haben dort keine Chance. Das mag daran liegen, dass die Mitglieder traditionell alle weiblich, berufstätig und des Schreibens mächtig sind. Das erweitert den kommunikativen Spielraum. Der wertschätzende Umgangston mag aber auch daran liegen, dass die Mitglieder keine Männer sind. Männer müssen traditionellerweise vor jeder Sachdiskussion erst einmal den unerlässlichen Schwanzlängenvergleich hinter sich bringen, ehe sie beginnen können, um eine konstruktive Lösung zu ringen.  Alle, die das leidige Gockelgehabe kennen, ob aus Politik, kirchlichen, karitativen oder schulischen Ehrenämtern, wissen es zu schätzen, wenn es entfällt.

Es geht nicht darum, Stinkstiefel lieb zu haben, sondern ihnen Respekt abzunötigen

Nun ist aber nicht die ganze Welt ein netter wertschätzender Ort. Die Anhänger von Alptrump und anderen Populisten gehören vielfach zur Kategorie Stinkstiefel. Sie sind dominant und gehässig. Mit solchen Persönlichkeiten kommt man nur klar, wenn man ihnen zeigt, wo der Hammer hängt. Es geht ja nicht darum, sie liebzuhaben, sondern es geht darum, ihnen glasklar zu sagen:

„Ihr lügt!“ und: „Ihr habt und ihr seid keine Alternative!“

Auch harmoniebedürftige Gutmenschen dürfen zeigen, wo der Hammer hängt

Um das im privaten Kreis, am Stammtisch, in sozialen Netzwerken, im Betrieb oder im Kundengespräch zu tun, muss man dazulernen. Man muss auch als harmonieliebende und Wertschätzung schätzende Gutmenschenfrau lernen, solchen Personen argumentativ eins zwischen die Hörner zu geben. Allgemeiner gesprochen: Mensch muss sich Respekt verschaffen, sonst kann mensch eine sachliche Diskussion vergessen. In einer von Wertschätzung geprägten Atmosphäre kann man darauf verzichten, denn da ist der Respekt schon da. Doch wenn einem Misstrauen oder gar Geringschätzung entgegenschlägt, kann man jede sachliche Argumentation vergessen, bevor man sich nicht Respekt verschafft hat. Gilt allgemein gesprochen nicht nur für die Stammtischdiskussion, sondern hilft auch bei harten Verhandlungen im Geschäfts- und Kanzleialltag.

Marc-Stefan Daniel, Autor von „Tough Talk“, bringt das schön auf den Punkt. Er erklärt, dass ein defensiver, diplomatischer oder kooperativer Verhandlungsstil in solch einer Situation die „Grundlage für eine Asymetrie“ im Gespräch lege. Asymetrie bedeutet: Eine Seite zeigt Respekt, die andere nicht. Eine Seite trachtet danach, zu dominieren, die andere Seite lässt sich dominieren. Daniel sagt:

„Zum Spiel gehören immer zwei, einer, der ausprobiert, was er mit dem anderen machen kann und ein anderer, der es mit sich machen lässt. Die Verantwortung für die Asymetrie liegt nicht nur beim Kontrahenten.“

Wer sich auf die Sachebene zurückzieht, bezahlt einen hohen Preis: den, nicht für voll genommen zu werden

Dass zwei dazu gehören, muss man erst einmal verstehen und akzeptieren. Dann versteht man auch, warum eine von vielen Frauen gern genommene Lösung leider keine ist. Frauen sagen angesichts von verbalen Machtkämpfen schon mal mal gerne:

„ich lass mich auf dieses ganze Gegockel doch nicht ein, mir geht es doch um die Sache!“

Mit solchen Worten weichen sie dem verbalen Schlagabtausch aus, das ja. Doch dafür bezahlen sie einen hohen Preis. Denn mit diesem Rückzug auf die vermeintlich vernünftige Sachebene setzen sie die Sache selber aufs Spiel. Sie riskieren nämlich, genau in der Sache nicht für voll genommen zu werden. Damit verschlechtern sie ihre Position in jeder Hinsicht. Jemand, der nicht für voll genommen wird, kann weniger Geld verlangen, kann andere schlechter mitreißen, wird leichter übergangen.

Welche Lehre können Diskutanten daraus ziehen?

  • Immer dort, wo nicht per se ein wertschätzender Umgangston herrscht, reicht eine an der Sache orientierte Diskussion nicht aus.
  • Diskutanten müssen sich vorab und bei Bedarf immer wieder Respekt verschaffen. Erst wenn der Respekt und damit die Symetrie hergestellt ist, ist eine an der Sache orientierte Diskussion möglich.
  • Also: Keine Angst vor dem Schwanzlängenvergleich! Er hat sein Gutes.

Lesen Sie mehr zum Thema: „Wie verschaffe ich mir in einer Diskussion Respekt?“ bei der nächsten Lektion.

Bisher erschienen:

Gutmenschenlektion 2: Erkenne Narzissten

Gutmenschenlektion 1: Zerfleische dich nicht selbst!

Kategorie: Aktuelles, Kanzleikommunikation, Klartext schreiben, Strategie Stichworte: Rhetorik, Schwarze Rhetorik

Schwarze Rhetorik: Gutmenschenlektion 1: zerfleische nicht dich, sondern den Feind!

10. November 2016 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Mit dem vermutlich nicht mehr aufzuhaltenden Einzug Trumps ins Weiße Haus könnten sich die Anhänger vulgärer beleidigender Sprache auch hierzulande ermutigt fühlen, fortan ungebremst aufzutrumpen. Zeit für ein paar Lektionen in Schwarzer Rhetorik. Heute zum Thema Selbstzerfleischung.

Als moralisch rechtschaffener Mensch, um mal so richtig altehrwürdig klingende Begriffe zu benutzen, meint man es gut. Und wenn das Gute in der Welt will, beginnt man gerne damit, niemanden ausgrenzen zu wollen. Ausgegrenzt werden sollen weder die Schwulen, obwohl die sich meistens ganz gut zu helfen wissen, noch die Lesben, noch die Alten oder Behinderten und – war da was? – ach ja, die Frauen, zu denen man mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 50 % selber gehört.

Bloß niemanden ausgrenzen um den Preis der Selbstaufgabe

Nicht ausgrenzen wollen ist ein hehres Ziel, doch schon beim allerersten Versuch, alle unter einer knackigen Aussage zu vereinen, geht’s in die Hose. Gesetzt den Fall, man wollte alle Demokratiebekenner unter der Flagge „Solidarität, Freiheit und Feminismus“ in ein Boot holen, erleidet man zwangsläufig Schiffbruch. Denn sofort brechen auf kippeligen Böötchen heftige Diskussionen aus.

Gestern, am schwarzen Mittwoch, dem 9. November, Judenprogrom, Tag des Mauerfalls 1989 und Wahl Trumps 2016, diskutierte ich auf Facebook und verwendete das Wort „feministisch“. Sogleich wurde mir von Frauen entgegengehalten, das Wort FEMINISMUS grenze Männer aus, es sei daher zu einseitig in seiner Motivation und deshalb nicht guten Gewissens einsatzfähig.

Ich ließ mich dann darauf ein, das Wort Feminismus durch Gleichberechtigung zu ersetzen, wohl wissend, dass ich eigentlich in meinem Herzen Feminismus meinte. Ich war mir nämlich relativ sicher, dass es bei der US-Wahl ganz besonders um das Thema Frau gegen Mann gegangen war. Und dass eine weit verbreitete Vorstellung Hillary den Wahlsieg gekostet hatte. Nämlich, dass Frauen an den Herd und nicht ins Oval Office gehörten (höchstens als schwanzlutschende Praktikantin oder als First Lady, aber nicht als Präsidentin). Sei es drum: ich ersetze das Wort Feminismus durch Gleichberechtigung.

Und die Lektion? Die Diskussion kostete Zeit. In der Zeit, wo wir über die Frage diskutierten, ob man einen ausgrenzenden Begriff nicht nur einen weniger ausgrenzenden (aber vielleicht auch beliebigeren Begriff) ersetzen solle, hätte Trump schon 20 mal sagen können: „Hillary, ab in den Knast!“. Was er in den letzten Wochen und Monaten ja auch getan hat.

Und der Bezug zur deutschen öffentlichen Debatte? In der Zeit, wo europäische, gut meinende Frauen und Männer darüber debattieren, ob das Schlagwort Feminismus vielleicht jemanden ausgrenzt, pöbeln AfD und und anere Populisten weiter. Ungebremst von den Demokratiebekennern, die sie daran nicht hindern können, weil sie ja gerade um Ausgrenzung debattieren. Falsche Allokation von Ressourcen nennt man das in der Wirtschaft. Oder schlechte Aufstellung der Truppen im Militär.

Lektion 1 gelernt ?

Zerfleische dich nicht selbst, sondern konzentriere deine Kräfte darauf, dem Feind das Maul zu stopfen.

Kategorie: Aktuelles, Kanzleikommunikation, Kommunikationstipps Stichworte: Clinton, Rhetorik, Schwarze Rhetorik, Trump

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