Klartext-Anwalt

  • Bücher
    • 111 Gründe, Anwälte zu hassen
    • Klartext für Anwälte
      • Inhalt
      • Leseprobe
      • Namensregister
    • Rechtsratgeber für Existenzgründer
  • Public Relations
    • Pressearbeit
    • Juve und Co.
    • Social Media
  • Text
  • Seminare/Workshops
    • Schreibtraining für Juristen
    • Schreibcoaching
    • Strategie-Workshops
    • Coaching Anwaltspersönlichkeit
  • Profil
    • Lieblingsköpfe
    • Presse & Rezensionen
  • Blog
  • Kontakt
Aktuelle Seite: Startseite / Archiv für Journalist

Framing III: Liebe Süddeutsche Zeitung, hör auf und fang an!

4. September 2018 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Liebe Süddeutsche Zeitung! Bitte hör auf und fang an!

Ich habe dich seit vielen Jahren abonniert, du bist einer der Orte, wo ich zuhause bin, wenn man das zu einer geistigen Heimat so sagen darf. Also hör bitte auf, Rechtspopulisten Raum zu geben und fang an, aktiv die Demokratie zu fördern!

Rechtspopulisten Raum geben, heißt, Rechtsextremisten den Weg ebnen, heißt, Nazis fördern. Nazis hatten wir schon mal in Deutschland. Sie haben 6 Millionen Juden ermordet, den 2. Weltkrieg ausgelöst und millionenfach Leid und Tod verursacht, und bei den Überlebenden eine massive Traumatisierung ausgelöst, deren eklige Finger selbst noch die Kriegsenkel erreichen. Weshalb viele von ihnen, obwohl in Frieden und Wohlstand aufgewachsen, an Ängsten und Depressionen leiden, was immer mal wieder zu Suiziden führt, sozusagen als späte Kollateralschäden der Nazidiktatur. Zwei solcher Fälle habe ich meinem engsten Umfeld erlebt. Du verstehst, dass ich das NIE. WIEDER. MÖCHTE. Und deshalb hör bitte auf, Nazis den roten Teppich auszurollen.

„Aber entschuldigen Sie, Frau Engelken, hier breitet doch niemand den Nazis den roten Teppich aus!“

„Du tust es, liebe Süddeutsche Zeitung, indem du ihren geistigen Vätern (und Müttern) Platz einräumst.“

Zum Beispiel am vergangenen Donnerstag, den 30. August 2018. Ich musste wirklich schlucken, als ich den Aufmacherartikel deines Feuilletons entdeckte: Oben drüber prangte ein riesiges Foto eines schlechtgelaunten alten weißen Mannes, dessen Namen ich aus Framing-Gründen hier nicht nennen mag. Nur zur Einordnung: Er war mal Bundesbanker, und seine Gedanken haben die Hirne sämtlicher AfD-Sympathisanten gründlich eingeweicht.

Du weißt, was Framing bedeutet. Nämlich, dass die Nennung eines Gedankens seiner Verbreitung dient. Und du weißt, dass eine seitenbreite Foto-Artikel-Kombi einer Werbeanzeige im Wert von hunderttausend Euro für den abgebildeten Mann und sein Gedankengut gleichkommt.

Natürlich beleuchtet Sonja Zekri, die im Übrigen von mir sehr geschätzte Rezensentin, das neue Buch des alten Mannes kritisch. „Deutschland braucht dieses Buch so nötig wie einen Ebolaausbruch.“ Und ja, sie äußert die Hoffnung, dass die LeserInnenschaft angesichts der Plattheit der Gedankengänge erkennen möge, wie überzogen manche Ängste letztlich sind.

Das Ärgerliche ist nur: Ihre kritische Haltung ändert nichts am durch den Artikel verstärkten Framing, dass Deutschland Angst haben müsse. Das rechtfertigt Rassismus und bereitet den Weg für Hetzjagden auf Menschen. Das hatten wir zwischen 1933 und 1945 schon mal.

Gedanken zu verbreiten, heißt Taten denkbar zu machen

„Aber liebe Frau Engelken, nun kommen Sie mal runter von ihrem Horrortrip. Wir machen hier unsere journalistische Arbeit und dazu gehört es, ein literarisches Ereignis wie die Buchveröffentlichung eines kontroversen Bestsellerautors breit zu würdigen.“

Ach, es geht um das Ereignis? Wie weit würdest du dafür noch gehen, liebe Süddeutsche Zeitung? Was würdest du tun, wenn nächstes Jahr ein Hitler-Junior-Autor anträte und ein Buch namens „Mein Kampf 2.0.“ herausbrächte, in dem er die Ermordung der islamischen Rasse als Ultima Ratio darstellte und den Deutschen anheimstellte, zuerst ihre Frauen zum Gebären heim an den Herd zu schicken – ohne Verhütungsmittel, versteht sich – und dann in den 3. Weltkrieg zur Verteidigung der bedrohten deutschen Rasse zu ziehen?

Würdest du auch diesem Autor den Teppich ausrollen und ihm seitenweise Platz in deinem Feuilleton geben? Natürlich nur so lange, wie er und seine Followers es noch nicht geschafft hätten, dich als Teil der von ihm als solche bezeichneten Lügenpresse mit Arbeitsverboten lahmzulegen.

Nein, nein und nochmals nein. Zu deiner Arbeit, liebe Süddeutsche Zeitung, gehört, als die Vierte Gewalt für die Demokratie zu sorgen.

Mach dein Brainwork: Du kannst Themen ins Licht zerren und andere ausblenden.

Wie schon Hildegarf Knef mit Bertolt Brecht sang: „Und man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht“. Indem du deine medialen Scheinwerfer auf einen rechtspopulistischen Vordenker richtest, förderst du sein Gedankengut, machst du die Arbeit der AfD und ihrer Hintermänner. Das ist die Wirkweise von Framing. Nachzulesen bei Elisabeth Wehling „Politisches Framing“.

Nazivordenker sind nicht per se Ereignisse. Medien machen sie dazu. Oder auch nicht.

Herr T.S. und sein neues Buch sind nämlich nicht per se Ereignisse. Erst du und die anderen Medien, die willfährig Journalisten und Journalistinnen zur Pressekonferenz schicken und ihm anschließend seitenweise Feuilletonartikel oder Fernsehberichte widmen, machen ihn zum Ereignis. Du und die anderen, ihr helft mit, dass sich Gedanken und Ängste verbreiten, mit denen AfD & Co auf Wählerfang und 2018 in Chemnitz auf Hetzjagd gehen. Und JournalistInnen drangsalieren. Das begründen sie unter anderem mit Ideen aus dem Buch, für das du am Donnerstag, den 30. August 2018, mit deinem Fotoartikel eine ganzzeitige kostenlose Werbeanzeige veröffentlicht hast.

Rückblickend kann man sogar sagen: Hättest du und jede andere Zeitung mit Verstand den Autor T.S. und sein früheres Buch schon damals ignoriert, hätten seine Ideen nicht solche Verbreitung finden und zum Vorbild für Taten werden können.

Deshalb fordere ich dich auf: Hör sofort auf, solchen Ideen Raum zu geben. Und fang an, aktiv die Demokratie zu fördern! Dazu reicht es heute nicht mehr, Rechtspopulisten und Rechtsextremisten zu ignorieren. Heute muss man etwas anderes an ihre Stelle setzen. Man muss ein negatives Framing durch ein positives Framing ersetzen. Und das muss bald geschehen, die Zeit läuft davon. In Chemnitz haben Neonazis Menschen durch die Stadt gejagt. Längst glauben viel zu viele Menschen, dass Gewalt und Rassismus Probleme lösen und dass man die Demokratie am besten abschaffen sollte.

Positives Framing ist gefragt. Menschenfreundlichkeit ist ein Gewinn. Für Alle.

Gestern haben 65.000 Menschen in Chemnitz ein Konzert der Toten Hosen und Co besucht, um zu zeigen, #Wirsindmehr. Wir, die wir Demokratie und Menschenfreundlichkeit für sinnvoll halten und die wir Fluchtursachen und nicht Menschen bekämpfen wollen. Und deine Aufgabe als Vierte Gewalt, liebe Süddeutsche Zeitung, ist es, sie zu unterstützen!

„Was meinen Sie damit, Frau Engelken? Werden Sie mal konkret! Sie tun ja so, also ob wir demokratiefeindlich wären!“

Ich halte dich für demokratiefreundlich, aber du musst mehr tun. Du musst aktiv für Demokratie eintreten! Du kannst viel stärker als bisher die Vorstellung eines funktionierenden demokratischen und menschenfreundlichen Staates framen. Konkret könntest du deutlich prominenter über Dinge berichten, die eine Demokratie fördern, als über Personen, die sie abschaffen wollen.

  • Zum Beispiel indem du erklärst, wie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arm und Reich zu erzielen ist, oder wie jeder einzelne Mensch Fluchtursachen bekämpfen kann.
  • Oder indem du Bücher vorstellst, die nicht die Angst vor dem Fremden schüren, sondern die zeigen, wie aus Flüchtlingen Freunde und integrierte Stützen unserer demokratischen Gesellschaft werden können.
Umweg Jakarta von Biggi Mestmäcker
Umweg Jakarta von Biggi Mestmäcker https://umweg-jakarta.de/

Ich nenne dir mal ein Beispiel: Das als Book-on-demand publizierte Buch „Umweg Jakarta“ von Biggi Mestmäcker ist so eines. Hierin schildert die niederrheinische Autorin, wie sie den Behörden getrotzt und einem syrischen Koch geholfen hat, Frau und Kind nach Deutschland zu holen und hier Arbeit zu finden. Im Gegenzug hat sie, ihre Familie und ihr Netzwerk Freundschaft gefunden und köstliches Essen kennengelernt.

Ich bin sicher, du findest noch viel mehr Beispiele! Und du tust es ja schon, indem du über den Widerstand der von dir so genannten Zivilgesellschaft berichtest!

Du schaffst das, Süddeutsche Zeitung! Ich zähle auf dich!

Danke und liebe Grüße, Deine Eva

Kategorie: Aktuelles, Politik Stichworte: Framing, Journalismus, Journalist, Kommunikation, Männer, Medien

Pressearbeit: Wirtschaftswoche in der Blattkritik: Bleibt die Wiwo quotenfeindlich?

4. November 2014 von Eva Engelken 1 Kommentar

Es ist immer wieder spaßig, zu beobachten, wie sich die Medien zu Trends positionieren und auch die Augen vor ihnen verschließen. Diesmal am Beispiel der Wirtschaftswoche und ihrer gut abgehangenen Meinung zur Frauenquote.

Artikel werden nicht besser, wenn man sie wieder aufwärmt und Thesen nicht überzeugender, wenn man sie erneut runterleiert. Wir erinnern uns: Schon 2011 titelte die Wirtschaftswoche „Was tun, wenn die Quote kommt? Wie die Frauenquote Männerkarrieren bedroht.“ Illustriert war das Cover mit einem grämlich dreinblickenden Mann mit blonder Perücke. Der Artikel im Heft aus dem Ressort Management & Erfolg trug den Titel: „Aus Furcht vor gesetzlichem Zwang verordnen sich Unternehmen freiwillige Frauenquoten. Hoch qualifizierte Männer haben das Nachsehen“.

Am 4. November 2014 hat die Wiwo, respektive Ressortleiter Management & Erfolg, Manfred Engeser, das Thema recyclet und sich erneut ausgelassen über die Diskriminierung von Männern, die entstehe, wenn Unternehmen von Gesetzes wegen gezwungen würden, Frauen in Führungspositionen zu hieven. Titel und Vorspann diesmal: „Männerkarriere trotz Frauenquote?“ „Droht hoch qualifizierten Männern eine Diskriminierung durch die Quote?“

Der kleine Unterschied: 2011 war mit Chefredakteur Roland Tichy alles andere als ein Frauenfeind, aber eben auch kein Befürworter von Frauenquoten am Ruder der Wirtschaftswoche. Im Oktober 2014 ist mit Miriam Meckel eine Frau und obendrein ein Mitglied des 2013 gegründeten Vereins Pro Quote in die Chefredaktion eingezogen.

ProQuote zitiert Wiwo-Chefredakteurin Miriam Meckel mit dem Ausspruch: „Frauen gehören gerade in den Medien in Führungspositionen. Nicht nur, weil das heute selbstverständlich sein sollte, sondern vor allem, weil Medien täglich dazu beitragen, unsere Weltbilder zu entwerfen. Die sollten auch den Blick der Frauen enthalten.“

Diese Selbstverständlichkeit klingt bei Wiwo-Redakteur Engeser Manfred Engeser nicht durch. Den Prozess,  dass Unternehmen versuchen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen und dafür bei gleicher Qualifikation manchmal Frauen den männlichen Bewerbern vorziehen, bezeichnet er als „bittere Realität“ für „hochqualifizierte Männer“.

Die Maßnahmen, die Unternehmen dafür ergreifen, übersetzt Engeser in: sie „üben“ sich „panikartig in vorauseilendem Gehorsam“. „Weil“, so seine Interpretation „die Unternehmen eine gesetzliche Frauenquote fürchten wie der Teufel das Weihwasser“.

Allerdings gelingt es dem Redakteur nicht einmal selber, diese angebliche Panik zu belegen. Was er in seinem Artikel aufzählt, sind Maßnahmen von Unternehmen, die – wie immer bei staatlichen Lenkungseingriffen – freiwillige Maßnahmen zwar lieber hätten als Zwangsmaßnahmen, sich aber letztlich pragmatisch auf den Trend der Zeit einstellen: Indem sie freiwillige Quoten anbieten und mit Frauenförderprogrammen und Mitarbeiterinnensuche versuchen, diese Quoten auch zu erreichen.

Genauso wenig belegt der Artikel, dass es „erste Männer“ in die „innere Emigration“ treibe, wenn sie wegen der Quote Angst vor Jobverlust bekämen. Statt dessen wartet er mit investigativ anmutenden, weil anonymisierten Aussagen auf. Etwa „Ich sehe, wie immer mehr Frauen mit ähnlichen Qualifikationen an mir vorbeiziehen“ Und: „Ich fühle mich machtlos.“ Beides sagt „ein promovierter Wirtschaftsingenieur eines regionalen Energieversorgers unter dem Deckmantel der Anonymität.“

Dass irgendjemand betrübt ist, wenn er übergangen wurde, ist normal. Und dass er die Verantwortung gerne abschiebt, etwa auf eine Frauenquote, ist auch normal. So normal, dass ich als Leserin geneigt bin, zu fragen: „Who cares?“ Irgendjemand moppert doch immer, wenn sich die Zeiten ändern. Das hat die Zeiten aber noch nie daran gehindert, sich zu ändern. Würde mich wundern, wenn das bei einem wieder aufgewärmten Wiwo-Artikel anders wäre.

Kategorie: Presse Stichworte: Blattkritik, Journalist

Kanzleikommunikation: Experteninterview – so antwortet man richtig

11. Juli 2011 von Eva Engelken Kommentar verfassen

Interviews sind ein gutes Mittel der Selbstdarstellung

Wenn man sich als Anwalt oder Anwältin erfolgreich einen Namen für ein bestimmtes Rechtsgebiet gemacht hat oder ein Buch veröffentlicht hat, bleiben Interviewanfragen nicht aus. Natürlich kann man auch darauf hinarbeiten, interviewt zu werden. Dann sind Interviewanfragen ein Zeichen für erfolgreiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. In jedem Fall eignen sich Interviews prima, Kompetenz und Witz zu beweisen und ganz nebenbei Werbung für die eigene (Kanzlei-)Marke oder für das neue Buch machen.

Um welche Art von Interview handelt es sich dabei?

In der Regel geht es bei der Anwaltskommunikation um Experten- oder Sachinterviews, weniger um Meinungs- oder Persönlichkeitsinterview.  Beim letzteren ist die Meinung des Interviewten zu einem bestimmten aktuellen, oft politischen Thema gefragt. Abgedruckt (oder gesendet) werden nach dem Gespräch häufig nur wenige, pointierte Aussagen.

Beim Persönlichkeitsinterview stehen Person und persönliche Vorlieben im Vordergrund – gern genommen von Promis, aber kritisch für Politiker und fast immer schlecht für Anwälte, die um ihres Fachkönnens willen mandatiert werden wollen und nicht wegen ihrer Vorliebe für Manschettenknöpfe aus Haifischknochen.

Das Experteninterview oder Sachinterview stellt die Sachfragen in den Vordergrund. Der Leser erfährt in Frage- und Antwortform einen bestimmten Sachverhalt. Der oder die Interviewte wird um seiner oder vermuteten Kompetenz willen gefragt – sei es Arbeitsrecht, Produkthaftung oder Kanzleikommunikation.

  • Interviewbeispiel: NJW interviewt Eva Engelken (www.njw.de)

Was macht ein gutes Interview aus?

Gute Zeitungs- oder Zeitschrifteninterviews mischen natürlich alle Formen. Sie fragen persönlich oder zur Sache und sie nehmen die Interviewten in die Zange. Am Ende sind diese schweißgebadet, weil der Journalist ihnen Antworten entlockt hat, die sie niemals preisgeben wollten oder sie sind in angeregter Stimmung, weil sie auf neue Gedanken gebracht wurden.

Oder der Befragte hält Interviews in Europa gar für einen „Segen“, weil sie so viel „intellektueller“ seien als in Amerika (vgl. Ryan Philippe im Süddeutsche-Interview vom 19.6.) Die Erkenntnis daraus: Interviewte sollten sich anstrengen, gute Antworten zu liefern. Er oder sie muss Dinge auf den Punkt bringen, nicht stottern, die Nerven behalten und vernünftige Sachen sagen.

Schlechter Interviewer = Herausforderung für den Interviewten

Wer interviewt wird, hat – mit etwas Glück  und bei einer guten Zeitung  – einen bestens vorbereiteten Interviewer, der einem das Gefühl gibt, alles über einen und das Thema zu wissen, und es oft auch tatsächlich weiß. Dann kann das Interview wie beschrieben zu einem herausfordernden und schönen Gespräch werden. Nicht umsonst heißen die berühmten Spiegel-Interviews Gespräche.

Gerade bei  Experteninterviews zu Rechtsthemen aber sind die Frager hin und wieder ziemlich unbeschlagen. Manchmal sind es freie Journalisten, die über alles Mögliche schreiben und in Rechtsthemen nur rudimentär bewandert sind, oder das Thema ist so komplex, dass wirklich nur der Experte weiß, was es mit den Non-performing Loans oder den Details der Insolvenzhaftung auf sich hat.

Es ist die Aufgabe des Interviewten, sich so vorzubereiten, dass er während des Gesprächs den Überblick behält und sicherstellt, dass das Thema erschöpfend abgefragt und anschließend im Artikel oder Wortlaut-Interview korrekt und umfassend dargestellt wird.

Und tunlichst sollten der Experte oder die Expertin nicht als Idioten dastehen, die fehlerhafte Auskünfte gegeben haben. Daher bei einer Interviewanfrage: Genau überlegen, welche Fragen gestellt werden könnten oder sollten, dann Antworten überlegen und auf kritische Punkte hinweisen.

Ganz wichtig bei komplexen Rechtsthemen ist der Klartext: Schwierige Rechtsbegriffe erläutern bzw. für das mündliche Interview vorher aufschreiben und eine „Übersetzung“ oder Erläuterung für die Laiehn notieren. Mehr dazu in Klartext für Anwälte. Wer ein Interview so vorbereitet hat, ist auch in der Lage, ein gutes mündliches und schriftliches Interview abzuliefern.

Schriftliches oder gebautes Interview – kein Freibrief zum Labern

In  Zeiten knapp besetzter Redaktionen bitten viele Redakteure ihre Experten, die Antworten schriftlich zu liefern – oder gleich das komplette Interview zu bauen. Wer als Journalist oder Journalist schon mal Rechtsanwälte, Rechtsanwältinnen oder gar Wirtschaftsprüfer gebeten hat, Fragen schriftlich zu beantworten, weiß jedoch, dass das eigentlich gar nicht geht: Die langatmigen Antworten, das vorsichtigen und langweilige Rumsalbader und unverständliche Fachsprache verscheuchen den geduldigsten Leser. Auch das anschließende mühselige Umschreiben und  Feilschen um Formulierungen macht niemandem Spaß, weder der Fragestellerin noch dem Interviewten.

Wer gut beraten ist als Anwalt oder Anwältin, fasst sich daher auch im schriftlichen Interview kurz und knackig. Immer dran denken: Zeitungen drucken Interviews ab, weil sie lebendig sind, Leser sie gerne lesen und die Antworten Persönlichkeit erkennen lassen.

Vom schriftlich beantworteten Interview ist es nicht mehr weit bis zum ganz selber gebauten Interview. Hier liefern der Experte (und seine PR-Beraterin) Fragen und Antworten. Damit das Machwerk lesbar ist, kommt es hier erst recht darauf an, Fragen und Antworten sinnvoll  aufeinander aufzubauen. Am Ende sollte, wenn möglich eine Pointe stehen.

Wo sind Interviews gefragt?

Praktisch überall. Fast alle Zeitungen und Zeitschriften drucken Interviews ab, weil sie lebendig und gut lesbar sind. Wer bestrebt ist, als Experte interviewt zu werden, sollte ruhig den Redaktionen seine Expertise anbieten und signalisieren, dass er oder sie zu einem Gespräch bereit wäre. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlicht auf ihren Recht- und Steuernseiten ebenso ein „Nachgefragt“ wie die Börsenzeitung ihr Interview oder die Wirtschaftswoche den „Expertenrat“. Ein Interview vorzuschlagen mit dem richtigen Thema zur richtigen Zeit mit dem richtigen Experten beim richtigen Redakteur ist eine Frage von guter Pressearbeit.

Hilfe, ich bin interviewt worden! Darf ich verbessern?

Trotz guter Vorbereitung kann es passieren, dass das Interview in die Hose geht. Routinierte Journalisten und Interviewpartner wissen das und vereinbaren deshalb eine Freigabe oder Autorisierung des Interviews. Der deutsche Journalistenverband rät hier zu  Zurückhaltung (vgl. djv.de Broschuere DJV_Wissen (pdf)).

Bei aktuellen Interviews mit Politikern und Unternehmenschefs ist es zurecht verpönt, wenn die Interviewten oder ihre Presseleute anschließend das komplette Interview weichwaschen und bei jeder knackigen Aussage behaupten, sie hätten das niemals so gesagt, aber das ist ein anderes Thema. Beim Experten- und Sachinterview sollten beide Seiten, Expertin und Journalist, ein Interesse daran haben, dass die Aussagen sachlich korrekt sind, schließlich soll der Leser korrekt informiert werden. Gerade Rechtsthemen haben es an sich, dass auch eine kleine sprachliche Nuancenverschiebung schon die Bedeutung verändert.

Wenn man wörtlich zitiert wird, also bei einem Wortlaut-Interview und bei wörtlichen Statements, sollte man eigene sachlich falsche Aussagen korrigieren. Und natürlich sollte auch die Tonalität stimmen.

Eher schlechter Stil ist es, am Text des Interviewers etwas zu ändern.

Wenn man trotzdem ändern möchte, sollte man als Interviewter eine vorsichtige Strategie fahren zwischen „Das gebe ich auf keinen Fall frei“ und: „Bitte haben Sie Verständnis, ich würde das gerne ein bisschen anpassen“. Hier unterscheiden sich Redaktionen auch. Die einen finden, dass sich die Interviewpartner auch in der Tonalität wiederfinden sollten. Andere ändern stilistisch grundsätzlich nichts, sondern korrigieren höchstens sachliche Fehler. Heißt für den Interviewten: Inhaltliche Fehler verbessern und für die stilistischen Veränderungen „Vorschläge“ machen. Und erklären, warum dieser oder jener Stil eben etwas unglücklich ist.

Experteninterview ist erschienen – jetzt stelle ich es auf meine Website – oder doch nicht?

Die Zeitung ist erschienen mitsamt dem Interview. Wer es ohne zu fragen auf der Website einstellt, hat nicht begriffen, dass es so etwas wie Nutzungsrechte gibt. Große Zeitungen wie Handelsblatt oder FAZ nehmen es mit der Übertragung von Nutzungsrechten sehr genau – was gut und richtig ist, schließlich bezahlen sie ihre Leute für die Artikel. Wer einen Artikel, sei es ein Interview, sei es ein Artikel, in dem das eigene Buch oder die eigene Kanzlei erwähnt wird, auf die Website stellen möchte, muss bei der Abteilung Syndikation die Nutzungsrechte für ein Jahr käuflich erwerben. Zum Beispiel für diese FAZ-Rezension über Klartext für Anwälte.

Andere Publikationen, Zeitschriften oder Magazine, sind großzügiger und überlassen dem Interviewten das Interview zur Nutzung auf der eigenen Website kostenlos, meist gegen Nennung der Quelle und eventuell Publikation des Logos (hier in diesem Beitrag das  Logo der NJW). Gleichwohl bleibt das Nutzungsrecht ein Nutzungsrecht und wer ein Experteninterview nutzen möchte – auch zum Abdruck in der Kanzleibroschüre oder zum Versenden an Mandanten – , sollte den Rechteinhaber freundlich um Erlaubnis bitten.

  • Beispiel: RENOKompakt interviewt Eva Engelken

Fazit:

Experteninterviews sind ein hervorragendes Mittel der Kanzleikommunikation und ein Beleg für die öffentliche Wahrnehmung als Experte. Anbieten kann man sie der Presse wie sonstige Gastbeiträge und Gastkommentare auch. Es gibt mündliche und telefonische Live-Interviews sowie schriftlich zu beantwortende oder komplett vom Interviewten gebaute Interviews.

Zu beachten ist bei allen eine gute Vorbereitung. Dazu gehört das inhaltliche und sprachliche Eingehen auf den Wissensstand des Interviewers und das Nachhaken, ob alles verstanden wurde. Die Freigabe ist mit Fingerspitzengefühl zu behandeln. Sachliche Fehler sollten korrigiert werden, pointierte Aussagen wenn möglich nicht weichgewaschen werden. Wenn das Interview gut ist, kann man es auf der eigenen Website oder in Broschüren verwenden. Nutzungsrechte nicht vergessen!

  • Mehr zum Thema lesen Sie in meinem Buch Klartext für Anwälte

Kategorie: Interviews, Kanzleikommunikation Stichworte: Interview, Journalist, Kanzleikommunikation, Persönlichkeit

Journalisten mögen Klartext

14. Oktober 2010 von Eva Engelken

Weg mit den leeren Worthülsen
Weg mit den leeren Worthülsen

Journalisten haben wenig Zeit und müssen Gastbeiträge von Juristen oft neben ihrer anderen Arbeit betreuen. Wenn Sie mit einem Themenvorschlag an einen Journalisten herantreten, sollte Ihr Anschreiben sofort erkennen lassen, warum Ihr Themenvorschlag neu, wichtig und interessant ist. [Weiterlesen…]

Kategorie: Presse Stichworte: Journalist, Presse, Pressearbeit

Über den Tellerrand. Das Blog.

teller

Hier finden Sie Tipps, Neues, Interessantes und Wissenswertes rund um Sprache, Marketing, Kommunikation und Legal PR. Wir blicken über den (juristischen) Tellerrand. Seien Sie dabei!



rss RSS Feed abonnieren

Wer hier schreibt

Eva Engelken, PR-Beraterin, Buchautorin, Juristin, Wirtschaftsjournalistin
Weiterlesen…

Themenliste

  • Aktuelles (70)
  • Anwaltsdeutsch (13)
  • Blogparade (1)
  • Download (1)
  • Employer Branding (2)
  • Interviews (8)
  • Kanzleikommunikation (30)
  • Klartext schreiben (6)
  • Kommunikationstipps (16)
  • Politik (7)
  • Presse (11)
  • Public Relations (2)
  • Recht (6)
  • Rezension (11)
  • Sachbuch: Tutorial (10)
  • Seminare (1)
  • Strategie (7)
  • Veranstaltungen (5)

Beitragsarchiv

Auf Facebook Klartext lesen

Facebook

Eva Engelken gefällt

Klartext-AnwaltKlartext-Anwalt

Schlagwörter

Abtreibung Amtsdeutsch Anwaltsdeutsch AnwaltsPR Buch Buchrezension Exposé Facebook Framing Frauen Geschenktipp Internetauftritt Interview Journalist Kanzlei Kanzleikommunikation Kanzleistrategie Klartext Klartext für Anwälte Kommunikation Kommunikationsinstrument Kommunikationsratgeber Leseprobe Mandant Männer Persönlich Persönlichkeit Presse Pressearbeit Pressemitteilung Rechtsanwalt Rezension Rhetorik Schreibtraining Schwarze Rhetorik Seminar Social Media Stil Strategie Textkritik Trump Twitter Verständlichkeit Weihnachten Xing

Kategorien

Eva Engelken

Eva Engelken
Buchautorin, Juristin, Wirtschaftsjournalistin

  • » Zum Profil ...

Aktuelle Termine

Gestaltung von Medienmitteilungen – Praxisseminar, 13.07.-18.07.2014, Richterakademie Trier

Übern Tellerrand. Das Blog.

teller

Hier finden Sie Tipps, Neues, Interessantes und Wissenswertes rund um Sprache, Marketing, Kommunikation und Legal PR. Wir blicken übern (juristischen) Tellerrand. Gucken Sie mit! » Zum Tellerrand-Blog

Eva Engelken

Eva Engelken
Buchautorin, Juristin, Wirtschaftsjournalistin

  • » Zum Profil

Im Social Web

  •  linkedIn
  •  xing
  •  facebook
  •  twitter

Das Buch:

klartext cover Klartext für Anwälte.
Mandanten gewinnen - Medien überzeugen.
Eva Engelken
Linde Verlag 2010
216 S. - 24,90 €

ISBN 9783709303207

Das Buch direkt bestellen:
  • » amazon
  • » Linde-Verlag

Mehr

  • Sitemap – Archiv
  • Impressum und Datenschutz
logo
  • Sitemap – Archiv
  • Impressum und Datenschutz

© 2023 klartext-anwalt.de · Eva Engelken · Text & PR · Tel.: +49 (2161) 4680009 · E-Mail