Es ist Zeit für Medien und Politik, sich Begriffe wie Lebensschutz von frauenfeindlichen Abtreibungsgegnern zurückzuerobern. Lebensschutz ist ein Menschenrecht von Frauen und Männern: Nämlich die freie Entscheidung zu Elternschaft, das Recht über die Anzahl und den Zeitpunkt der Geburt der Kinder zu entscheiden und die dafür nötigen Informationen, Kenntnisse und Mittel zu erhalten.
Ich trage selten Hut, aber wenn ich das Geschrei der selbsternannten Lebensschützer höre, platzt mir die sprichwörtliche Hutschnur. Diese Herrschaften lügen dreist, wenn sie behaupten, Abtreibungsverbote wären notwendig, um „Leben zu schützen“ oder das gestern im Bundestag debattierte „Werbeverbot“ für Abtreibungen in § 219a StGB diene dazu, Leben zu schützen.
Gesetze wie der § 219a StGB dienen nicht dem Lebensschutz, sondern dazu, Lebensrechte einzuschränken
Man möchte rufen: „Lüge, Lüge, Lüge!“ Denn in Wahrheit geht es den Abtreibungsgegnern und den Gegnern von § 219a StGB darum, Frauenrechte einzuschränken. Um Leben zu schützen, gäbe es erheblich wirkungsvollere Mittel als Strafgesetze. Das wissen die Gegner genau. Bei anderen Themen schimpfen sie auf den „Verbotsstaat“, aber bei den reproduktiven Rechten der Frau passen ihnen Verbote in den Kram.
Warum? Weil es ihnen eigentlich vielmehr darum geht, ihre Herrschaft über die Frau zu reinstallieren. Im Fall der AfD & Co sogar heftiger: Sie wollen eine rassistische Wahnwelt verwirklichen. Eine Welt, in der deutsche, mit dem Mutterkreuz prämierte Frauen, wie Zuchtkühe Horden deutscher Kinder gebären. Durch die „Gebärmutter der deutschen Frau“ soll der jüngst wieder von Gauland herbeifantasierte „Bevölkerungsaustausch“ verhindert werden. Diesen Schmarrn muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!
Es ist höchste Zeit, sich die Begriffe von den Frauenfeinden zurückzuerobern
Leider reicht im Herbst 2018 ein Kopfschütteln über diese Spinner nicht mehr aus. Tun ist gefragt. Wir alle, die wir schreiben und per Radio oder Bewegtbild Nachrichten und Meinungen in die Welt entlassen, sollten von den rassistischen Frauenfeinden unsere Sprache zurückholen.
Lebensschutz heißt notwendigerweise Frauenschutz
Dazu gehört als erstes der Begriff Lebensschutz. Lebensschutz im Zusammenhang mit Schwangerschaft muss notwendigerweise immer auch Frauenschutz sein. Frau und ungeborenes Kind sind eine Einheit. Selbst das Bundesverfassungsgericht spricht von „Zweiheit in Einheit“.
Werden Sie nicht müde, darauf hinzuweisen, dass Frauen und Männern reproduktive Rechte zustehen
Frauen und Männer haben das Recht auf reproduktive Rechte und Gesundheit. Echter Lebensschutz wahrt diese Rechte.
Definition der Böll-Stiftung von reproduktiven Rechten:
Reproduktive Rechte und Gesundheit beschreiben das Recht eine*r jede*n Einzelnen, selbstbestimmt und frei über den eigenen Körper und die eigene Sexualität zu entscheiden. Dies bedeutet vor allem die freie Entscheidung zu Elternschaft, das Recht über die Anzahl und den Zeitpunkt der Geburt der Kinder zu entscheiden, sowie über die dafür nötigen Informationen, Kenntnisse und Mittel zu verfügen.
Diese als Menschenrechte verstandenen Rechte sind für Frauen* und Mädchen* besonders wichtig. Jede Frau* und jedes Mädchen* hat das Recht, selbst zu entscheiden, ob, wann und in welchen Abständen sie schwanger werden will. Sowohl erzwungene Schwangerschaftsabbrüche als auch das Verbot von Abtreibungen verletzen dieses Recht.
Nehmen Sie den Hetzern den Begriff vom Lebensschutz weg und geben sie ihn Frauen
Formulierungsbeispiel
Sagen Sie: „Die für Frauen- und Lebensschutz kämpfende Politikerin XY fordert eine unverzügliche Abschaffung des die reproduktiven Rechte einschränkenden Werbeverbots in § 219a StGB.“
Tappen Sie nicht in die Framing-Falle von der „Kindstötung“
Fatal ist es, den Frauenrechtsgegnern den Begriff von der „Kindstötung“ nachzubeten. Dieser Begriff aktiviert die entsetzliche Vorstellung (= Frame) von einem Kind, das von seiner Mutter getötet wird. Doch das entspricht nicht der realen Situation. Die Entscheidung für eine Abtreibung trifft eine Frau, die eine befruchtete Eizelle in sich trägt, sich aber in der Notlage befindet, sich gegen eine Schwangerschaft entscheiden zu müssen.
- Womöglich hat sie schon ein oder mehrere Kinder zu versorgen, sodass ein weiteres Kind, wenn es zur Welt käme, vernachlässigt werden würde.
- Umgekehrt könnte das weitere Kind sie dazu bringen, die schon vorhandenen Kinder zu vernachlässigen.
- Es könnte sein, dass sie gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, das Kind auszutragen, ohne ihre Gesundheit unzumutbar zu gefährden.
- Vielleicht ist sie auch nur einfach, was schlimm genug wäre, durch ein weiteres Kind von Armut bedroht.
- Vielleicht gibt es keinen Partner
- Oder oder oder….
Es kann viele Gründe geben, warum sich eine Frau gegen ein noch zu gebärendes Kind entscheidet. Diese elementare Entscheidungssituation sollten Sie sprachlich nicht ausklammern.
Sprechen Sie statt vom Schwangerschaftsabbruch lieber von der „Entscheidung gegen eine Schwangerschaft“
Vermeiden Sie es, vom Schwangerschaftsabbruch zu sprechen. Sprechen Sie statt von einem Schwangerschaftsabbruch oder einer Abtreibung immer von einer „Entscheidung gegen eine Schwangerschaft“. Damit rücken Sie die Frau nicht in die Nähe einer Mörderin, wie es die frauenfeindlichen Gaulands & fundamentalistischen Christen gerne hätten. Stattdessen lassen Sie die Hoheit bei der Frau, die ihre reproduktiven Rechte wahrnimmt.
Reden Sie nicht vom ungeborenen Kind, sondern von der Leibesfrucht und der Zweiheit in Einheit
Gehen Sie noch weiter. Benutzen Sie im rund um das Thema Abtreibung möglichst nicht die Bezeichnung Kind. Verwenden Sie den juristischen Begriff von der Leibesfrucht. Oder den lateinischen Begriff vom Nasciturus (= das noch zu Gebärende).
Beide Begriffe tragen auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung. Dieses hat in Bezug auf das ungeborene Kind oder den Embryo oder Fötus den Begriff geprägt von der „Zweiheit in Einheit“. Dieser Begriff trägt der – auch von Juristen angerkannten – Tatsache Rechnung, dass sich das Wunder Mensch erst nach und nach im Bauch einer Frau entfaltet.
Titulieren Sie „Lebensschützer“ als das, was sie sind: Frauenrechtsgegner
Hören Sie auf, den fanatischen Rassisten, Biologisten und Mutterkreuzlern den Ehrentitel Lebensschützer zu geben. Der impliziert, dass sie tatsächlich „Leben schützen“ würden. Doch das tun sie sie nicht, im Gegenteil.
Abtreibungsverbote führen rund um den Erdball dazu, dass Frauen an medizinisch katastrophalen Abtreibungen sterben oder unsäglich grausame Verletzungen erleiden.
Hinzu kommen die Verletzungen, die Frauen aufgrund von medizinisch schlecht begleiteten Geburten erleiden. Oder Krankheiten, die sie bekommen, weil sie unkontrolliert viele Kinder gebären. Denken Sie auch daran, dass die nicht vorhandene Geburtenkontrolle zu einer irrwitzigen Bevölkerungsexplosion in Afrika und anderen Erdteilen führt. Bevölkerungszuwachs ist eine Hauptursache für Hungernöte und entsprechend eine 1A-Fluchtursache.
Schwadronieren Sie nicht von der „Kultur des Todes“, sondern präzisieren Sie, dass Abtreibungsgegner eine „Kultur des Frauenhasses“ fördern, und dass eine „Kultur des Lebens“ demgegenüber Frauen umfassende reproduktive Rechte einräumen würde
Noch so ein Begriff, den honorige Wissenschaftler, Juristen, christliche Fundamentalisten und wer sich noch alles im schmutzigen Dunstkreis der Abtreibungsgegner herumdrückt, benutzen: Die Kultur des Todes. Was sie meinen, ist klar. Sie meinen, dass erlaubte Abtreibungen den Tod kultivieren, weil der Nasciturus bei einer Abtreibung getötet wird.
Scheinheilig, wie sie sind, klammern sie aus, dass unerwünschte oder selbst geplante Schwangerschaften das Leben der schwangeren Frauen in Gefahr bringen können. Und zwar umso mehr, je stärker die reproduktiven Rechte der Frau eingedämmt werden. Stellen Sie dem Begriff die Kultur des Lebens entgegen. Anders gesagt: Eine „Kultur des Lebens“ gesteht Frauen umfassende Rechte zu: das Recht, über ihre Familienplanung entscheiden zu können und so weiter.
Fortsetzung folgt. Demnächst in diesem Blog
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