Interviews sind ein gutes Mittel der Selbstdarstellung
Wenn man sich als Anwalt oder Anwältin erfolgreich einen Namen für ein bestimmtes Rechtsgebiet gemacht hat oder ein Buch veröffentlicht hat, bleiben Interviewanfragen nicht aus. Natürlich kann man auch darauf hinarbeiten, interviewt zu werden. Dann sind Interviewanfragen ein Zeichen für erfolgreiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. In jedem Fall eignen sich Interviews prima, Kompetenz und Witz zu beweisen und ganz nebenbei Werbung für die eigene (Kanzlei-)Marke oder für das neue Buch machen.
Um welche Art von Interview handelt es sich dabei?
In der Regel geht es bei der Anwaltskommunikation um Experten- oder Sachinterviews, weniger um Meinungs- oder Persönlichkeitsinterview. Beim letzteren ist die Meinung des Interviewten zu einem bestimmten aktuellen, oft politischen Thema gefragt. Abgedruckt (oder gesendet) werden nach dem Gespräch häufig nur wenige, pointierte Aussagen.
Beim Persönlichkeitsinterview stehen Person und persönliche Vorlieben im Vordergrund – gern genommen von Promis, aber kritisch für Politiker und fast immer schlecht für Anwälte, die um ihres Fachkönnens willen mandatiert werden wollen und nicht wegen ihrer Vorliebe für Manschettenknöpfe aus Haifischknochen.
Das Experteninterview oder Sachinterview stellt die Sachfragen in den Vordergrund. Der Leser erfährt in Frage- und Antwortform einen bestimmten Sachverhalt. Der oder die Interviewte wird um seiner oder vermuteten Kompetenz willen gefragt – sei es Arbeitsrecht, Produkthaftung oder Kanzleikommunikation.
- Interviewbeispiel: NJW interviewt Eva Engelken (www.njw.de)
Was macht ein gutes Interview aus?
Gute Zeitungs- oder Zeitschrifteninterviews mischen natürlich alle Formen. Sie fragen persönlich oder zur Sache und sie nehmen die Interviewten in die Zange. Am Ende sind diese schweißgebadet, weil der Journalist ihnen Antworten entlockt hat, die sie niemals preisgeben wollten oder sie sind in angeregter Stimmung, weil sie auf neue Gedanken gebracht wurden.
Oder der Befragte hält Interviews in Europa gar für einen „Segen“, weil sie so viel „intellektueller“ seien als in Amerika (vgl. Ryan Philippe im Süddeutsche-Interview vom 19.6.) Die Erkenntnis daraus: Interviewte sollten sich anstrengen, gute Antworten zu liefern. Er oder sie muss Dinge auf den Punkt bringen, nicht stottern, die Nerven behalten und vernünftige Sachen sagen.
Schlechter Interviewer = Herausforderung für den Interviewten
Wer interviewt wird, hat – mit etwas Glück und bei einer guten Zeitung – einen bestens vorbereiteten Interviewer, der einem das Gefühl gibt, alles über einen und das Thema zu wissen, und es oft auch tatsächlich weiß. Dann kann das Interview wie beschrieben zu einem herausfordernden und schönen Gespräch werden. Nicht umsonst heißen die berühmten Spiegel-Interviews Gespräche.
Gerade bei Experteninterviews zu Rechtsthemen aber sind die Frager hin und wieder ziemlich unbeschlagen. Manchmal sind es freie Journalisten, die über alles Mögliche schreiben und in Rechtsthemen nur rudimentär bewandert sind, oder das Thema ist so komplex, dass wirklich nur der Experte weiß, was es mit den Non-performing Loans oder den Details der Insolvenzhaftung auf sich hat.
Es ist die Aufgabe des Interviewten, sich so vorzubereiten, dass er während des Gesprächs den Überblick behält und sicherstellt, dass das Thema erschöpfend abgefragt und anschließend im Artikel oder Wortlaut-Interview korrekt und umfassend dargestellt wird.
Und tunlichst sollten der Experte oder die Expertin nicht als Idioten dastehen, die fehlerhafte Auskünfte gegeben haben. Daher bei einer Interviewanfrage: Genau überlegen, welche Fragen gestellt werden könnten oder sollten, dann Antworten überlegen und auf kritische Punkte hinweisen.
Ganz wichtig bei komplexen Rechtsthemen ist der Klartext: Schwierige Rechtsbegriffe erläutern bzw. für das mündliche Interview vorher aufschreiben und eine „Übersetzung“ oder Erläuterung für die Laiehn notieren. Mehr dazu in Klartext für Anwälte. Wer ein Interview so vorbereitet hat, ist auch in der Lage, ein gutes mündliches und schriftliches Interview abzuliefern.
Schriftliches oder gebautes Interview – kein Freibrief zum Labern
In Zeiten knapp besetzter Redaktionen bitten viele Redakteure ihre Experten, die Antworten schriftlich zu liefern – oder gleich das komplette Interview zu bauen. Wer als Journalist oder Journalist schon mal Rechtsanwälte, Rechtsanwältinnen oder gar Wirtschaftsprüfer gebeten hat, Fragen schriftlich zu beantworten, weiß jedoch, dass das eigentlich gar nicht geht: Die langatmigen Antworten, das vorsichtigen und langweilige Rumsalbader und unverständliche Fachsprache verscheuchen den geduldigsten Leser. Auch das anschließende mühselige Umschreiben und Feilschen um Formulierungen macht niemandem Spaß, weder der Fragestellerin noch dem Interviewten.
Wer gut beraten ist als Anwalt oder Anwältin, fasst sich daher auch im schriftlichen Interview kurz und knackig. Immer dran denken: Zeitungen drucken Interviews ab, weil sie lebendig sind, Leser sie gerne lesen und die Antworten Persönlichkeit erkennen lassen.
Vom schriftlich beantworteten Interview ist es nicht mehr weit bis zum ganz selber gebauten Interview. Hier liefern der Experte (und seine PR-Beraterin) Fragen und Antworten. Damit das Machwerk lesbar ist, kommt es hier erst recht darauf an, Fragen und Antworten sinnvoll aufeinander aufzubauen. Am Ende sollte, wenn möglich eine Pointe stehen.
Wo sind Interviews gefragt?
Praktisch überall. Fast alle Zeitungen und Zeitschriften drucken Interviews ab, weil sie lebendig und gut lesbar sind. Wer bestrebt ist, als Experte interviewt zu werden, sollte ruhig den Redaktionen seine Expertise anbieten und signalisieren, dass er oder sie zu einem Gespräch bereit wäre. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlicht auf ihren Recht- und Steuernseiten ebenso ein „Nachgefragt“ wie die Börsenzeitung ihr Interview oder die Wirtschaftswoche den „Expertenrat“. Ein Interview vorzuschlagen mit dem richtigen Thema zur richtigen Zeit mit dem richtigen Experten beim richtigen Redakteur ist eine Frage von guter Pressearbeit.
Hilfe, ich bin interviewt worden! Darf ich verbessern?
Trotz guter Vorbereitung kann es passieren, dass das Interview in die Hose geht. Routinierte Journalisten und Interviewpartner wissen das und vereinbaren deshalb eine Freigabe oder Autorisierung des Interviews. Der deutsche Journalistenverband rät hier zu Zurückhaltung (vgl. djv.de Broschuere DJV_Wissen (pdf)).
Bei aktuellen Interviews mit Politikern und Unternehmenschefs ist es zurecht verpönt, wenn die Interviewten oder ihre Presseleute anschließend das komplette Interview weichwaschen und bei jeder knackigen Aussage behaupten, sie hätten das niemals so gesagt, aber das ist ein anderes Thema. Beim Experten- und Sachinterview sollten beide Seiten, Expertin und Journalist, ein Interesse daran haben, dass die Aussagen sachlich korrekt sind, schließlich soll der Leser korrekt informiert werden. Gerade Rechtsthemen haben es an sich, dass auch eine kleine sprachliche Nuancenverschiebung schon die Bedeutung verändert.
Wenn man wörtlich zitiert wird, also bei einem Wortlaut-Interview und bei wörtlichen Statements, sollte man eigene sachlich falsche Aussagen korrigieren. Und natürlich sollte auch die Tonalität stimmen.
Eher schlechter Stil ist es, am Text des Interviewers etwas zu ändern.
Wenn man trotzdem ändern möchte, sollte man als Interviewter eine vorsichtige Strategie fahren zwischen „Das gebe ich auf keinen Fall frei“ und: „Bitte haben Sie Verständnis, ich würde das gerne ein bisschen anpassen“. Hier unterscheiden sich Redaktionen auch. Die einen finden, dass sich die Interviewpartner auch in der Tonalität wiederfinden sollten. Andere ändern stilistisch grundsätzlich nichts, sondern korrigieren höchstens sachliche Fehler. Heißt für den Interviewten: Inhaltliche Fehler verbessern und für die stilistischen Veränderungen „Vorschläge“ machen. Und erklären, warum dieser oder jener Stil eben etwas unglücklich ist.
Experteninterview ist erschienen – jetzt stelle ich es auf meine Website – oder doch nicht?
Die Zeitung ist erschienen mitsamt dem Interview. Wer es ohne zu fragen auf der Website einstellt, hat nicht begriffen, dass es so etwas wie Nutzungsrechte gibt. Große Zeitungen wie Handelsblatt oder FAZ nehmen es mit der Übertragung von Nutzungsrechten sehr genau – was gut und richtig ist, schließlich bezahlen sie ihre Leute für die Artikel. Wer einen Artikel, sei es ein Interview, sei es ein Artikel, in dem das eigene Buch oder die eigene Kanzlei erwähnt wird, auf die Website stellen möchte, muss bei der Abteilung Syndikation die Nutzungsrechte für ein Jahr käuflich erwerben. Zum Beispiel für diese FAZ-Rezension über Klartext für Anwälte.
Andere Publikationen, Zeitschriften oder Magazine, sind großzügiger und überlassen dem Interviewten das Interview zur Nutzung auf der eigenen Website kostenlos, meist gegen Nennung der Quelle und eventuell Publikation des Logos (hier in diesem Beitrag das Logo der NJW). Gleichwohl bleibt das Nutzungsrecht ein Nutzungsrecht und wer ein Experteninterview nutzen möchte – auch zum Abdruck in der Kanzleibroschüre oder zum Versenden an Mandanten – , sollte den Rechteinhaber freundlich um Erlaubnis bitten.
Fazit:
Experteninterviews sind ein hervorragendes Mittel der Kanzleikommunikation und ein Beleg für die öffentliche Wahrnehmung als Experte. Anbieten kann man sie der Presse wie sonstige Gastbeiträge und Gastkommentare auch. Es gibt mündliche und telefonische Live-Interviews sowie schriftlich zu beantwortende oder komplett vom Interviewten gebaute Interviews.
Zu beachten ist bei allen eine gute Vorbereitung. Dazu gehört das inhaltliche und sprachliche Eingehen auf den Wissensstand des Interviewers und das Nachhaken, ob alles verstanden wurde. Die Freigabe ist mit Fingerspitzengefühl zu behandeln. Sachliche Fehler sollten korrigiert werden, pointierte Aussagen wenn möglich nicht weichgewaschen werden. Wenn das Interview gut ist, kann man es auf der eigenen Website oder in Broschüren verwenden. Nutzungsrechte nicht vergessen!
- Mehr zum Thema lesen Sie in meinem Buch Klartext für Anwälte
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