Kurz vor Weihnachten hat man die Wahl zwischen sorgfältig machen und aufschieben ins neue Jahr oder einfach machen. Bei Katalin Grünerts Ratgeber „Wo bitte geht’s denn hier zur Scheidung?“ musst ich mich einfach für die quick&dirty-Variante entschieden, sonst hätte ich meinen Buchtipps nicht mehr rechtszeitig veröffentlichen können, sodass alle, die sich mit dem Gedanken an eine Scheidung tragen, die ach so besinnlichen Feiertage mit all ihrem Geschluchze zur Lektüre nutzen können.
Mit Grünerts Ratgeber können sich alle potenziell Scheidungs- und Trennungswilligen Gedanken machen, ob sie diesen Schritt wirklich gehen wollen oder ob Holger oder Silke oder wer auch immer ja eigentlich doch gar nicht so übel war und dass sie es „ganz eigentlich ja so auch nicht gewollt haben.“
Lieber erst nachdenken, dann Scheidungsanwalt beauftragen
Bei dieser Gedankenfindung hilft das Büchlein von Grünert ganz hervorragend. Die Fachanwältin für Familienrecht und Fachanwältin für Sozialrecht aus Wetter an der Ruhr erläutert auf 62 DIN-A6-Seiten mal eben alle Elemente des Familienprozesses. Das Buch kann man also auch als Checkliste benutzen, die Mann oder Frau abarbeiten sollte, ehe er oder sie eine Anwältin ihrer Wahl beauftragt, den Scheidungsantrag einzureichen.
Grünert selbst bezeichnet ihren Ratgeber als „Denkanstoß für die Vielzahl der Ehepaare, die sich aus den unterschiedlichesten und geringfügisten Gründen trennen oder scheiden lassen wollen. Dabei warnt sie vor RechtsvertreterInnen, die aus einer potenziell einvernehmlichen Trennung gerne mal rasch eine gebührenträchtige Schlammschlacht machen.
Einverständliche friedliche Scheidungsverfahren von Normalverdienern lohnen sich nicht! Und da er (der junge Anwaltskollege) selbst Unterhalt zahlen muss, zaubert er aus Ihrem zaghaft geäußerten Wunsch, sich erst einmal nur wegen einer Trennung beraten zu lassen, in Windeseile ein Deluxe-Scheidungsverfahren mit allen Extras.
Katalin Grünert in „Wo bitte geht’s denn hier zur Scheidung?“
Das Ganze ist so witzig und persönlich geschrieben, dass man a) das Gefühl bekommt, Anwältin Grünert säße einem beim Kaffee gegenüber und rücke einem freundlich aber bestimmt den Kopf zurecht. Und b) stellt das Büchlein ein prima Beispiel dafür dar, wie man sich als witzig, humorvoll und zugleich mit seriösen Tipps als Expertin präsentieren kann respektive als Experte.
Ein bisschen Humor macht das ernstete Thema leichter zugänglich
Anders gesagt, verkörpert Grünert mein Credo, dass Anwälte und Anwältinnen umso überzeugende Botschafterinnen in eigener Sache sein können, sobald sie sich trauen, sich nicht mehr hinter Myriaden von pseudowichtigen Details und Floskeln zu verstecken, sondern auf den Menschen und sein Problem zu schauen.
Katalin Grünert
- Wo bitte geht’s denn hier zur Scheidung? Von Katalin Grünert
- Taschenbuch: 62 Seiten
- Verlag: Independently published (13. Juni 2019)
- ISBN-10: 1096366525
- Größe und/oder Gewicht: 12,7 x 0,4 x 20,3 cm
- Preis: 4,99 Euro