Frauen, die ihr Recht auf reproduktive Selbstbestimmung und Information für selbstverständlich halten, sollten protestieren, denn das Gießener Urteil zum § 219a StGB zeigt, dass es bedroht ist. Aber Vorsicht, denn mit bestimmten Frames spielt man den Abtreibungsgegnern in die Hände.
Warum ist das reproduktive Selbstbestimmungsrecht der Frauen in Gefahr?
Weil am 24. November eine Vorschrift im Strafgesetzbuch, die lange Jahre ein Schattendasein fristete, wieder einmal erfolgreich instrumentalisiert wurde, um das Frauenrecht, sich über eine erlaubte Abtreibung zu informieren, und das entsprechende ärztliche Berufsausübungsrecht einzuschränken. Aufgrund von § 219a StGB, der „Werbung“ für den „Schwangerschaftsabbruch“ unter Strafe stellt, ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel am 24.11. zu 40 Tagessätzen à 150 Euro verurteilt worden. Weil sie auf ihrer Uralthomepage darüber informiert, dass sie die erlaubte ärztliche Leistung „Schwangerschaftsabbruch“ anbietet, ging das Gericht von strafbarer Werbung aus. Dabei gibt es bei Kristina Hänel definitiv nichts, was Marketingfachleute als „Werbung“ ansehen würden: keine Hochglanzbroschüren oder eine moderne Website, die in zielgruppengenau formulierten Messages den Kundennutzen einer entsprechenden Dienstleistung kommuniziert würden. Alles, was die wirklich modernisierungsbedürftige Homepage aufweist, ist ein Link namens „Schwangerschaftsabbruch“, der zu einem Kontaktformular führt, über das man weitere Informationen anfordern kann.
Proteste gegen den § 219a StGB als „vorgestriger Paragraf“
Verständlicherweise und glücklicherweise wollen die Ärztin und ihre Verteidigerin Prof. Dr. Monika Frommel das Urteil nicht hinnehmen und das Recht auf Informationsfreiheit bis zum Bundesverfassungsgericht durchfechten. Es würde sie in ihrer Berufsausübung einschränken, wenn sie auf ihre ärztliche Dienstleistung nicht hinweisen dürfte, sagt die Ärztin und weist darauf hin, dass Frauen, die in der schwierigen Lage sind, sich gegen eine Schwangerschaft entscheiden zu müssen, zuverlässige Informationen brauchen, wo sie einen Abbruch sicher und schonend durchführen lassen können. Schon im Vorfeld der Verhandlung hat Kristina Hänel über die Organisation Change.org. eine Petition gestartet – Stand Freitag 24.11. 121.000 Unterschriften -, mit der sie die Abschaffung des § 219a StGB fordert. Zahlreiche Kommentator*innen in den sozialen und traditionellen Medien fordern nun, den § 218 StGB gleich mitabzuschaffen. Nicht wenige von ihnen sehen das reproduktive Recht der Frauen in Gefahr, also das Recht von Frauen und ihren Familien, selber über Fortpflanzung, Verhütung und eben auch Abtreibungen selber entscheiden zu dürfen bzw. sich entsprechend zu informieren. Die Kommentare der Gegner*innen zeigen, dass es nötig ist, die Debatte um die Abschaffung der §§ 218 ff. und die damit verbundenen Bevormundungen von Frauen endlich wieder zu führen.
Mit welchen rhetorischen Waffen kämpfen die Agitatoren gegen die Ärztin?
Warum erstattet im Jahre 2017 ein dubioser Verein Anzeige gegen eine Allgemeinärztin und schafft es, eine Richterin dazu zu bringen, diese Ärztin aufgrund eines Paragrafen zu verurteilen, der aus der Nazizeit stammt? Weil der Paragraf einschlägig ist? Warum ist er noch nicht abgeschafft? Warum wagen sich unverhohlen frauenhassende Wesen aus der Deckung und beschimpfen abtreibende Frauen und ihre Ärzt*innen? Welche Narrative spielen dabei eine Rolle beziehungsweise welche rhetorischen Mittel setzen die Anti-Abtreibungs-Agitatoren offenbar so erfolgreich ein, dass mittlerweile schon junge Frauen verunsichert sind, ob sie im Falle des Falles überhaupt abtreiben dürften?
Frames bestimmen die Gedanken, nicht die Fakten
Rhetorische Mittel dienen immer dazu, das Bewusstsein zu verändern. Der Schlüsselbegriff heißt Framing. Hier lohnt ein Blick in das Buch von Elisabeth Wehling „Politisches Framing“ , in dem sie die Wirkung von Frames erläutert:
„Jedes Wort, das wir hören, aktiviert in unserem Kopf bestimmte Frames, bei jedem Wort, das wir lesen oder hören, wird eine Reihe von Konzepten aufgrund unserer Welterfahrung mit mobilisiert.“
Eine befruchtete Eizelle garantiert noch keinen dicken Bauch, auch wenn Begriffe dies nahelegen
Bei dem Wort „Schwangerschaftsabbruch“ schwingt Wehling zufolge mit, dass eine Schwangerschaft vorhanden ist. Das Wort Schwangerschaft seinerseits impliziert, dass die Frau ein Kind im Bauch hat. Der Frame von der Schwangerschaft blendet völlig aus, dass eine erlaubte Abtreibung zu einem Zeitpunkt stattfindet, wo definitiv noch kein ausgewachsenes Baby im Bauch ist, sondern dass ein Zellverbund oder Embryo ausgeschabt wird, der außerhalb des Uterus nicht lebensfähig ist. Stattdessen hebt das Wort gedanklich das ungeborene Kind hervor. Bei der Erwähnung eines Abbruchs der Schwangerschaft ist der Gedanke daher nicht weit, dass man einem Kind die zwangsläufig bevorstehende Geburt verweigert. Das wiederum aktiviert den Gedanken an eine Kindstötung oder gar einen Mord. Ausgeblendet ist auch, dass die erlaubte Abtreibung in einem Zeitrahmen stattfindet, in dem die Frau noch gar nicht sicher sein kann, dass die befruchtete Eizelle überhaupt in ihrem Körper bleibt und nicht von sich aus abgeht. Das ist ja auch der Grund, warum viele Eltern erst einmal die ersten 12 Wochen abwarten, bevor sie eine Schwangerschaft bekannt geben: Weil sie noch gar nicht wissen können, ob es überhaupt zu einer dauerhaften Schwangerschaft kommt bzw. ob die Schwangerschaft Bestand hat.
Abtreibungsgegner beschwören Kindstötung oder Mord
Der Mechanismus der Frames ist den Abtreibungsgegnern sonnenklar, und genau mit den eben beschriebenen Frames arbeiten die Agitatoren aus Kirche, Wissenschaft und Politik. Bei der AfD etwa geben sich christliche Fundamentalisten mit neonazistisch verwurzelten Juristen die Klinke in die Hand. Sie wiederholen wieder und wieder, dass jede Abtreibung eine „Kindstötung“ sei, belegen das irreführenden Fotos und prägen ihren Leser*innen auf diese Weise ein, dass ein Abtreibungsverbot Tötungen verhindern und Leben schützen würde. Ihre Propagandamittel sind entsprechende Frames aktivierende Bezeichnungen wie „Marsch für das Leben“ oder „Lebensschützer“ oder wissenschaftliche Veröffentlichungen von Juristen, etwa von der „Juristenvereinigung Lebensrecht e.V.“.
Elisabeth Wehling: Frames aktiviert man auch, wenn man sie verneint
Um das Gedankengut dieser unangenehmen Zeitgenossen gerade nicht zu propagieren, empfiehlt Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling, erst gar nicht erst den fatalen Frame der Kindstötung zu aktivieren. Dies tut man, in dem man den Begriff Schwangerschaftsabbruch einfach nicht verwendet, sich also nicht auf die Frame-Semantik eines erwarteten Kindes einlässt. Übrigens sei es auch nicht hilfreich, diesen Frame zu verneinen, denn auch das aktiviert ihn. Eine Aufforderung wie „Denk nicht an einen rosa Elefanten“ bewirkt zuverlässig, dass die aufgeforderte Person sich einen rosa Dickhäuter ausmalt. Die Aussage „Schwangerschaftsabbruch ist keine Kindstötung“ aktiviert den Frame der Kindstötung.
Alternative Frames bilden: Ein Nichteingriff innerhalb von 12 Wochen nach Konzeption ist die Entscheidung zu einer Schwangerschaft
Möglich sei es beispielsweise, sich darauf zu verständigen, dass eine Schwangerschaft erst beginnt, wenn die Mutter sich mit Ablauf der gesetzlichen Frist von 12 für die Schwangerschaft entscheidet. Die Zeit ab Einnistung der befruchteten Eizelle und Ablauf der 12 Wochen wäre dann noch gar keine Schwangerschaft. Es hieße dann nicht:
Die Schwangerschaft wird abgebrochen. Sondern: „Ein Nicht-Eingriff innerhalb von 12 Wochen nach Konzeption ist die Entscheidung zu einer Schwangerschaft.“
Der zweite Frame fragt laut Wehling:
„Wollen wir eine Schwangerschaft beginnen?“
Frauen könnten dann sagen: „Ich habe mich dagegen entschieden, eine Schwangerschaft zu beginnen, weil…“
Jurist*innen sprechen wohlweislich von der Leibesfrucht und der Zweiheit in Einheit
Befindet sich Sprachwissenschaftlerin Wehling auf dünnem Eis, wenn sie statt von einem „Kind“ von einer Zellansammlung spricht?“ Ganz und gar nicht. Selbst Juristen und Juristinnen sind sich keinesfalls einig, ob ein Fötus bereits ein Mensch im rechtlichen Sinne sei, oder ab wann die befruchtete Eizelle zu einem Menschen wird. Die Verfassungsrichter selber sprechen von der „Frucht“ oder dem „Embryo“ und von der „zunehmenden Entwicklung des Fetus zum selbstständigen Leben“. Der lateinische Begriff Nasciturus, auf deutsch „der zu geboren werdende“ ist ebenfalls eine Bezeichnung, die im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft verwendet wird.
Warum berufen sich die fanatischen Abtreibungsgegner auf das Bundesverfassungsgericht?
Warum begründen die Abtreibungsfanatiker ihren angeblichen Feldzug zum Schutz des Lebens mit dem Bundesverfassungsgericht? Zwar spricht das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Nasciturus nicht von „Kindstötung“ – zum Glück. Aber es hat schon zweimal in der Geschichte der Bundesrepublik entschieden, dass der Nasciturus ein eigenständiges Rechtsgut sei, das auch gegen die Schwangere selber geschützt werden müsse.
Professorin Dr. Ulrike Lembke hat die fatalen Folgen dieser Rechtsprechung und warum § 219a StGB abgeschafft gehört, in der Legal Tribune Online erläutert: Das BVerfG hat „1975 die Figur der staatlichen Schutzpflicht entwickelt“. Sie bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger nicht nur gegen Freiheitsbeschränkungen durch den Staat geschützt werden müssen, sondern auch vor Rechtsverletzungen durch andere Private. Aus dem verfassungsrechtlichen Zweierverhältnis von Staat und Privatperson ist ein Dreieck aus Staat und mehreren Privatpersonen geworden, so Lembke.
Man bestraft ja auch nicht den Backofen, weil er den Teig nicht zu Brot bäckt
Es ist ähnlich verrückt, eine rechtliche Kriegsfront Leibesfrucht contra Schwangere aufzuziehen, als würde man einen Backofen wegen Mordes bestrafen, nur weil er einen Teig nicht zu einem Brot gebacken hat. Genau diese spezielle Verbindung zwischen potenziellem Opfer und potenzieller Straftäterin liegt auch bei einer Schwangerschaft vor. Das macht die § 218-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch so problematisch. So schreibt Lembke: „Ungünstig ist nur, dass die Figur des Dreiecks so gar nicht auf Staat, Schwangere und Fetus passt, weil letztere eine „Zweiheit in Einheit“ (so das BVerfG selbst) bilden und nicht zwei getrennte Enden einer geometrischen Figur.“
„In den beiden Entscheidungen hat das BVerfG 1975 (Urt. v. 25.02.1975, Az. 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 – Schwangerschaftsabbruch I) und 1993 (BVerfG, Urt. v. 28.05.1993, AZ. 2 BvF 2/90 und 4,5/92 – Schwangerschaftsabbruch II) diesen zentralen Aspekt verkannt und im Wesentlichen entschieden: Der Embryo/Fetus stellt ein selbständiges Rechtsgut dar. Er ist vom Staat auch mit den Mitteln des Strafrechts auch gegenüber der Schwangeren zu schützen. Und jede (auch ungewollt) schwangere Frau hat von Verfassungs wegen die Pflicht, einen Fetus auszutragen. Da dessen Lebensrecht stets Vorrang hat, ist der Schwangerschaftsabbruch immer rechtswidrig. Nur ausnahmsweise können Frauen straflos bleiben.“
Eine Abtreibung unter Strafe zu stellen, wird der Sache nicht gerecht. Das haben bei beiden Urteilen zum § 218 auch einige der Richter und Richterinnen so gesehen und eine abweichende Meinung in einem Sondervotum vertreten. Einer ihrer Vorschläge war, die verfassungsgerichtliche Schutzpflicht für den Fetus nicht durch Strafe zu erfüllen, sondern durch eine andere Lösung, z.B. mit einer Fristenlösung, die besagt, dass eine Abtreibung in den ersten drei Monaten nach Empfängnis überhaupt keine Straftat ist.
Lembke zum Sondervotum 1975:
Richterin Wiltraut Rupp-von Brünneck und Richter Helmut Simon wiesen 1975 auf die Singularität der Schwangerschaft hin, bei der Schwangere und Fetus eine „Zweiheit in Einheit“ bildeten. Der Schwangeren werde nicht nur abverlangt, eine Tötungshandlung zu unterlassen, sondern sie solle auch das Heranwachsen der Leibesfrucht in ihrem Körper dulden und später jahrelang mütterliche Verantwortung übernehmen. Dieser ganz besonderen Konstellation werde gerade die Fristenregelung gerecht, die einen abgestuften Schutz des Fetus mit dessen zunehmender Entwicklung zum selbstständigen Leben anerkenne.
Auch bei der Entscheidung 1993 plädierte das Sondervotum für eine Fristenregelung und begründete das mit der Rechtsposition der Schwangeren und der Situation einer Schwangerschaft: Lembke:
Die Richter Bertold Sommer und Ernst Gottfried Mahrenholz wiesen in ihrem Sondervotum 1993 darauf hin, dass es stets Frauen seien, welche die Konsequenzen zu tragen hätten, wenn Sexualität und Kinderwunsch wie so oft nicht übereinstimmten. Die Mehrheit verkenne hier die Rechtsposition der Schwangeren. Die Kollision der Würde des Embryos und der Würde der Schwangeren in der „Zweiheit in Einheit“ müsse verhältnismäßig aufgelöst werden. Deshalb habe in der Frühphase der Schwangerschaft die Frau das Letztentscheidungsrecht, wenn sie zuvor eine Beratung aufgesucht hat.
Strafrechtler Roxin: § 218 ist entbehrlich, sozialpolitische Maßnahmen seien wirkungsvoller als Strafe
Auch der namhafte Strafrechtler Claus Roxin vertrat oder vertritt die Ansicht, dass ein wirkungsvoller Schutz anstatt durch Strafe auch durch sozialpolitische Maßnahmen gewährleistet werden kann. Das heißt, dass eine Strafbarkeit gemäß § 218 für die Abtreibung selber entfallen kann, was auch eine Strafbarkeit der „Werbung“ gemäß § 219a StGB entbehrlich machen würde. Seine Ansicht wird von Statistiken über Abtreibungen gestützt. Zudem hilft eine sachgerecht durchgeführte Abtreibung Frauen gesund zu bleiben. Ohne die Möglichkeit, die Schwangerschaft sicher in einem Krankenhaus zu beenden, ist die Gefahr hingegen groß, qualvoll an den Folgen stümperhaft ausgeführter Abtreibungen zu sterben oder lebenslänglich an den Verletzungen zu leiden.
Neuer Frame: Reproduktive Freiheit der Frau statt Zwang zur Mutterschaft
Der Frame der von Abtreibungsgegnern beschworenen Kindstötung reduziert das Thema „Abtreibung“ auf die zu schützenden Leibesfrucht und blendet die genannten Belange der Frauen völlig aus. Er blendet auch aus, dass das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung der sicherste Weg ist, dass Frauen gar nicht erst abtreiben. Wenn Frauen die Verhütung und Familienplanung verantwortungsvoll selber in die Hand nehmen könnten, würde die Zahl der Abtreibungen sinken. Dies belegt das Beispiel Kanada, wo die Abtreibung seit 1988 völlig restriktionslos möglich ist. Ein neuer Frame, den Frauen und Männer in der jetzt wieder aufflammenden dringend gebotenen Debatte um die §§ 218 ff. StGB einbringen könnten, sollten diese Gedanken aufgreifen: Nämlich, dass die reproduktive Freiheit den Frauen und ihren schon geborenen Kindern hilft, dass sie die Zahl gefährlicher Abtreibungen senkt und somit Mütter gesund erhält. Dass ein Zwang zur Mutterschaft hingegen das Leben und die Gesundheit von Frauen gefährdet und in der Folge das Leben ihrer schon geborenen Kinder.
Was also tun? Intelligent protestieren und neue Frames einführen
- In der Debatte das Recht auf reproduktive Freiheit der Frauen und ihrer Familien propagieren. Dieses Recht schließt das Recht auf Verhütung, auf Informationen zu Schwangerschaft und Abtreibung ein und das Recht, eine ungewollte Schwangerschaften nicht auszutragen, sondern von Ärzt*innen sicher beenden zu lassen.
- Im Hinblick auf eine Abtreibung ruhig den juristischen Begriff von der Leibesfrucht benutzen oder den lateinischen Begriff des Nasciturus. Beide Begriffe tragen auch der von Juristen angerkannten Tatsache Rechnung, dass sich das Wunder Mensch eben erst so nach im Bauch einer Frau entfaltet. Auf die Rechtsprechung des BVerfG von der „Zweiheit in Einheit“ hinweisen.
- Nicht den Abtreibungsgegnern in die Hände spielen, indem man ihre Argumente wiederholt und ihre Frames aktiviert. Dran denken: Auch Frames, die man verneint, prägen den Frame im Kopf ein. Wer sagt: „Das ist keine Kindstötung“, brennt den Gedanken ein, dass eine Abtreibung genau eine Kindstötung sei, in den Köpfen der Zuhörer oder Leser ein.
- Notfalls lieber noch von Abtreibung statt von Schwangerschaftsabbruch reden.
- Sich der Petition zur Abschaffung des § 219a StGB anschließen. Hier geht’s zur Petition.
Nachtrag: Die Forderung in der Presse:
Der Deutsche Juristinnenbund und der Deutsche Ärztinnenbund fordert ebenfalls die Abschaffung von §219 StGB. https://www.djb.de/Kom-u-AS/K3/pm17-42/
Hier ist ein Video von Teen Vogue, das man theoretisch als „Werbung“ bezeichnen könnte, aber alle Anforderungen an eine gute Aufklärung und Information erfüllt:
https://www.teenvogue.com/story/planned-parenthood-videos-explain-abortion?mbid=social_facebook
Nathalie Bromberger meint
Danke für diese tolle Zusammenstellung von Informationen und die nützlichen Hinweise zu den Begrifflichkeiten und dem politischen Framing.
Viktoria Maisner meint
Hallo zusammen,
vielen lieben Dank für diesen spannenden und informativen Beitrag. Ich habe von diesem Fall bisher nicht gar nichts gehört. Im Rahmen meines Jurastudiums bin ich allerdings auf der Suche nach solchen Fällen. Ich muss zum Ende des Semesters eine Belegarbeit abgeben. Später möchte ich einmal bei einem Rechtsanwalt arbeiten.
Monika Frommel meint
Nach der Rechtsprechung aller Gerichte und der 1998 erfolgten dritten Entscheidung des BVerfG zu § 218 StGB (veraltet sind daher die Entscheidungen der Jahre 1975 und 1993) hat zwar die Frau, die eine Abtreibung verlangt, kein „Recht“ auf Abtreibung, aber das recht auf Letztentscheidung – nach Beratung. Niemand darf sie bevormunden, so die Reform 1995. Wieso also reden wir immer noch über die absurde Entscheidung des BVerfG des Jahres 1975. Das waren patriarchalisch geprägte Männer und die einzige Frau, die Richterin Ruppig von Brünneck konnte sich damals nicht durchsetzen. Heute ist das anders. Mittlerweile unstrittig sind die ärztlichen Handlungen rechtmäßig und werden auch von den Ländern – bei Bedürftigen (etwa 80% der Betroffenen) – finanziell getragen (ausgenommen die Zahlung wegen einer mitbehandelten „Krankheit“ ). Diese Besonderheit übersah Annen geflissentlich (insb. auch in allen Einträgen auf „babycaust“), weil er mit der Formel „rechtswidrig, aber straflos“, eine Formel, die allenfalls für die Frau Geltung beanspruchen kann, gezielt Kampagnen gegen die Beratungslösung macht. Aber auch bei der Frau hat es sich eingebürgert von einem tatbestandslosen Verlangen zu sprechen. Juristisch technisch gesprochen liegt also bei den Diffamierungen, etwa in babycaust (betrieben von Annen aus Weinheim) eine unrichtige Tatsachenbehauptung (nämlich über die Rechtsprechung des BVerfG) vor. Diese erfolgt wissentlich und auch absichtlich, um einen reaktionären Kulturkampf zu inszenieren. Dazu dienen Aktionen, die alle Abtreibungsärzte diskreditieren, insbesondere aber die jeweiligen Personen, gegen die sich der gezielte Protest gerade richtet. Eine solche Missachtung des geltenden Rechts und eine solche „Verleumdung“ ist also eine von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckte Äußerung. Eigentlich müsste Annen auf der Anklagebank sitzen. Aber Staatsanwaltschaften haben entsprechende Anzeigen eingestellt.