Mandanten schätzen verständliche Schriftsätze noch mehr als Termintreue oder strategisches Verständnis
Im neuen JUVE-Handbuch 2016/2017 veröffentlicht der JUVE Verlag die Ergebnisse einer bereits im „Rechtsmarkt 02/16“ veröffentlichten Inhouse-Umfrage: „Worauf Mandanten bei Kanzleien Wert legen“. Auf einer Skala von 1-5 lagen „klare Aussagen/Risikobewertung“ mit 4,6 Punkten und „verständliche Schriftsätze“ 4,5 Punkten ganz vorne. Erst dahinter kamen „Person des Berater“, „Termintreue/Erreichbarkeit“, „ökonomisches Verständnis““, „detaillierte Rechnung“, „Branchenkenntnis“, „strategisches Verständnis“, „effektive Teamzusammenstellung“ und „Flexibilität bei den Honoraren“.
Die Umfrageergebnisse könnten darauf hindeuten, dass Mandanten klare Aussagen und verständliche Schriftsätze schätzen. Die schlechte Nachricht: Es kümmern sich noch zu wenige Kanzleien darum. Das, was jungen Associates bei Hengeler eingebläut wird: „Pro Satz nur 1 Relativsatz und dann Punkt“, ist längst nicht überall Standard. Die gute Nachricht ist jedoch: Kanzleien können viel gewinnen. Sie müssen nur damit beginnen, den Schachtelsätzen in ihrer Mandantenkorrespondenz den Kampf anzusagen.
Der Weg zu guter Rhetorik führt über die Verständlichkeit
Das Fundament jeglicher Überzeugungskraft ist die Verständlichkeit. Nach dem Kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun gibt es vier Verständlichmacher für Texte:
- Einfachheit;
- Gliederung/Ordnung;
- Kürze/Prägnanz und
- anregende Zusätze.
Alle vier Verständlichmacher im richtigen Verhältnis zueinander anzuwenden, macht einen Text gut lesbar und verständlich.
Einfach ist nicht immer ganz einfach
Einfacher wird ein Text, wenn man kurze und geläufige Wörter nutzt und kurze und einfache Sätze bildet. Juristentypische Schachtelsätze lassen sich leicht kürzen, indem man eingeschobene Zusatzinformationen in eigene Sätze auslagert. Statt so:
„Aufgrund der im Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht, erschienen unter Herausgeberschaft von Günter Hirsch, Frank Montag und Franz Jürgen Säcker, 3. Band, auf Seite 397 in Randziffer drei dargestellten Meinung, begründen wir unseren Anspruch wie folgt: …“
teilt man die Infos auf mehrere Sätze auf:
Wir begründen unsern Anspruch wie folgt: … Dabei stützen wir uns auf folgende Meinung: … Diese findet sich im Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht, herausgegeben von Günter Hirsch, Frank Montag und Franz Jürgen Säcker; 3. Band, Seite 397, Randziffer drei.
Kürze und Prägnanz entlasten das Gehirn des Lesers
Kurz und prägnant wird ein Text, wenn man überflüssigen Ballast wie Floskeln oder unwichtige Details entfernt.
Gut gegliedert ist halb verstanden
Gut gegliedert ist ein Text, der am roten Faden auf ein klar benanntes Ziel zusteuert und den Leser dabei an die Hand nimmt. Gutachtentechnik und Urteilstechnik sind hierbei per se hilfreich. Äußere Gliederungselemente wie Absätze, Überschriften und Nummerierungen machen die gedankliche Struktur sichtbar. Ein besonders hilfreiches Element sind Zwischenüberschriften. Sie helfen gerade bei langen Texten rasch das Wesentliche zu erfassen.
Kino im Kopf durch anregende Zusätze
Der vierte Verständlichmacher sind anregende Zusätze. Dazu gehören alle Informationen, die einen abstrakten Sachverhalt illustrieren und damit das Kino im Kopf anwerfen. Das gelingt zum einen durch die bildhafteren Wörter wie etwa „Party feiern“ statt „gesellige Zusammenkunft durchführen“. Zum anderen durch Beispiele, Erläuterungen oder Zeichnungen und Skizzen.
Mehr dazu lesen Sie im Wirtschaftsführer für Juristen mit freundlicher Genehmigung des Verlags Richard Boorberg:
Und noch mehr in meinem Beitrag für die LEGAL TRIBUNE ONLINE: Das Ende des Nominalstils
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