Bis die Diplomingenieurin, Bloggerin und Buchautorin Anja Klein auf Idee kam, Kleingärtnerin werden zu wollen, wusste sie nicht, dass dies fundiertes Rechtswissen erfordert. Inzwischen besitzt sie sowohl einen Kleingarten als auch solide Kenntnisse des Bundeskleingartengesetzes und der Kölner Kleingartenverordnung. Als mir beim Texttreff-Blogwichteln zugeloste Gastbloggerin gibt sie einen kleinen Einblick.
Gastbeitrag von Anja Klein:
Kleingärtner brauchen starke Nerven! Dafür sorgen neben der Kleingartenverordnung auch die bunt gemischten Vereinsmitglieder samt Vorstand.
(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf , und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) (§ 1 BKleingG)
Das wurde mir bereits bei meinen Besuchen der wöchentlichen Kleingarten-Sprechstunde, zwecks Gartenvergabe, klar. Ein Termin bei dem ich nur mal nachfragen wollte wie es so läuft, wie viele, der gefühlten 999 Schritte, mich noch von der Übergabe der Gartentorschlüssel trennen, geriet besonders bizarr.
Statt in das erwartete Kleingartenidyll geriet ich mitten in ein „Best Ager“-Drama. Männer im idealen Kleingärtneralter stritten sich – mit vollem Körpereinsatz – um Fallrohre. Genauer um Fallrohrreperaturrechnungen. Noch genauer um falsche Fallrohrreperaturrechnungen.
Wen interessierte denn da noch, ob der Abschätzer meinen zukünftigen Garten schon begangen hatte, wie viele Euros der Vorbesitzer für seine 20 Jahre alte (voll funktionsfähige!) Torftoilette haben wollte, und ob der gute alte Gartenzwerg weiter im Garten wohnen darf.
Der Vorstand darf nicht gestatten, was laut Gartenordnung und Pachtvertrag «verboten» ist! (Merkblatt „Bauliche Anlagen“)
Der Gatte, der mich zum ersten Mal (zwecks Überbrückung der, bei meinen vorherigen Besuchen stets ausgesprochen langweiligen und ereignislosen, Wartezeit) begleitete, war schockiert. So hatte er sich das alles nicht vorgestellt. Der Fluchtreflex war ihm deutlich anzusehen.
Am Ende wurde alles gut. Die Fallrohre wurden weggesteckt. Und wir erfuhren was wir wissen, wenn es auch nicht was wir hören wollten: die Kleingartenmühlen mahlen langsam. Bis zur Gartenübergabe half nur Geduld.
Inzwischen ist der Gartentorschlüssel schon lange in meinem Besitz und die Kleingartenverordnung kann ich nachts im Schlaf aufsagen. Dazu hat ein besonders skurriler Vorfall beim Bau unseres Gewächshauses beigetragen.
Im Kleingarten ist eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz zulässig (§ 3 BKleingG)
Ein paar Tage hatten wir schon damit verbracht, alte Fachwerkfenster zu einem neuen Gewächshaus zusammen zu puzzeln. Meistens denkend, manchmal arbeitend. Den vielen Zaungästen nickten wir anfangs freundlich zu. Der Kölner an sich ist halt neugierig, dachten wir. Bis es dann eines Tages, im Schutz der Dämmerung über den Gartenzaun klang: „Dat muss weg! Dat lässt de Verein nittens zu! Dat sieht Scheiße uss!“
Überdachter Freisitz. In Abhängigkeit von der bebauten Fläche max. 12 m2. Dachüberstand max. 50 cm. Mindestens an einer Seite der Laube anschließend. (Merkblatt „Bauliche Anlagen)
Naja, dachten wir, Kommentare von anderen Kleingärtnern muss man sportlich nehmen. „Dat sieht Scheiße uss!“ ist im Grunde genommen das Kölsche Synonym für: „Interessante Optik. Habe ich so noch nie gesehen. Ist nicht ganz mein Geschmack.“
Jeder Block oder Weg wird durch einen Blockwart betreut. (Kleingärtnerverein Blücherpark e.V.)
Unser Blockwart (ja, das heißt wirklich so) hat uns dann gesteckt, dass unser Gewächshaus das Gesprächsthema in der Kleingartenanlage ist. Schneller als seinerzeit Wirbelsturm Katharina hatte sich die Kunde der regelwidrig umbauten Laube in der Kolonie verbreitet – mit vergleichbar zerstörerischem Potential. Hintergrund der ganzen Aufregung ist das Bundeskleingartengesetz mit seinem Verbot umbauter Freisitze.
Unser Anlehngewächshaus steht auf dem ehemaligen Laubenfreisitz. Der jetzige – nicht umbaute Freisitz – ist vom Weg aus nicht zu sehen. Aber selbst wenn, hätte das am Aufstand wenig geändert. Der Kleingärtner an sich regt sich halt gerne auf. Denn ist er erst mal auf 180, kann er anschließend das Entspannungspotential der Gartenarbeit voll und ganz ausnutzen.
Ein Kleingarten ist ein Garten, der […] zur Erholung dient (§ 1 BKleingG)
Danke, liebe Anja, und weiterhin viel Spaß und gute Erholung in und mit deinem kleinen Horrorgarten!
Jana meint
Danke für diesen sehr erfrischend geschriebenen Beitrag :) Wir hatten bis vor einem Jahr auch einen Garten in einer Gartenanlage und auch für uns war es eher Horror als Entspannung. Wir haben vorher nie gedacht, dass es für einen Pachtgarten so viele Regeln gibt. Mittlerweile bin ich ganz froh, keinen Garten mehr zu besitzen und habe mir geschworen: Wenn einen Garten, dann nur am eigenen Haus :)
Patrick meint
Das Kleingartengesetz, der Liebling des ein oder anderen eifrigen Menschen. Ein sehr schöner Beitrag, der wieder einmal die Vorurteile über dieses Gesetzbuch bestätigt.
Lilly meint
Du sprichst mir aus der Seele. Wir wollten uns auch einen Kleingarten in einer Gartensparte zulegen. Aber um dort überhaupt erst einmal rein zu kommen, wird man ja von allen möglichen Vereinsmitglieder interviewt und kritisch beäugt. Und als wir dann das Regelwerk zu lesen bekommen haben, dachten wir „NEIN, der Garten soll der Entspannung dienen und nicht dem möglichen Kleinkrieg wegen evtl. falsch platzierten oder zu hoch gewachsenen Pflanzen.“ Wenn, dann möchte ich mich entfalten können, wie ich das möchte.
Wirklich guter Beitrag, um die Sache auf den Punkt zu bringen.
schneider meint
Ich kenne jemanden, der hat auch einen Garten. Muss ihn aber jetzt verlassen. Weil er Probleme mit dem Vorstand hat. Na ja nenne das nicht Vorstand. Die schmeißen ihn raus, Kündigung hat er schon.
quecken krieg meint
kleingarten nazis, ich kenne sie jetzt ,
kungeln, bestechung,….peterei , spioniererei, falsche behauptungen, ….und üble nachredehabe ich fest gestellt. meine ganz soziale und berechtigte kritik, fragen, denkanstöße und meinungen werden als Troublemakerei vom abgewählten vorstand bemäkelt, die sich einbilden, das sie gegen die schweigende Masse alles tun und lassen können was ihnen genehm ist. das versößt gegen regeln, das noch nicht gewählte und abgewählte „Team “ spielt den brüllaffen, strenge Besserwisser gegen geltendes Recht!
am quellenweg schmalkalden, 98574
Beate speeth meint
Mein Reden
AnneBo meint
Unser Vorsitzender ist der König der Gartenanlage. Wehe man fragt nicht nach, ob man denn bitte bitte dies oder das im Garten bauen darf. Wir haben ein Gewächshaus aufgestellt. Skandal. Wer hat Ihnen die Erlaubnis erteilt? In der Anlage stehen Unmengen davon an genau den gleichen Stellen, wie in unserem Garten.
Und wehe man baut nicht genug Gemüse an. Das ist doch keine Freizeitgarten.
Die Schrebergartenverordnung gehört schon lange überarbeitet.
Alexander meint
Das stimmt ja…Bei uns in die Anlage noch lüstiger,Ehpartner Vorsitzender gehört zur Königfamilie